Bakersfield

Bakersfield
Bild: Geri Stocker

Bakersfield liegt am Kern River, zu dessen Kernkompetenz früher grosszügige Überschwemmungen gehörten. Im Osten grenzt die Stadt an die Sierra Nirwana. Mit dem Zug wären es knapp drei Stunden nach Los Angeles, wenn denn einer verkehren würde. So muss man leider den Greyhound nehmen. 1873 bekam Bakersfield das Stadtrecht, Faust- und Standrecht gab es da schon länger. Wegen Unstimmigkeiten mit dem City Marshall musste man drei Jahre später das Stadtrecht sogar wieder zurückgeben für 22 lange Jahre. Natürlich gab es vorher schon Ureinwohner, die Yokuts, die Ackerzucht und Viehbau  betrieben. Der erste Europäer war ein Spanier in Missionarsstellung, Francisco Garcés. Weil es schon damals keine Mauer gen Süden gab, fluteten in der Folge mexikanische Siedler das San Joaquin Valley. Um 1851 wurden Goldvorkommen entdeckt, deren Unerschöpflichkeit sich bald als „Fake News“ erwies. Anders war es mit dem Öl rund 15 Jahre später.

Das „field“ im Namen deutet es an: Diese Stadt ist ein Zentrum der Landwirtschaft, der Gastwirtschaft und der Ölgewinnung (Ölfelder), obwohl man Öl ja nicht gewinnen kann, das ist ja keine Lotterie. Andererseits natürlich ein Glücksspiel. Bakersfield beheimatet die meisten Salatölraffinerien der USA, zudem produzieren die Bewohner enorme Mengen von natürlichem Gas, was womöglich auf eine einseitige Ernährung zurückzuführen ist. Damit wäre das „field“ geklärt – wie aber sieht es mit „Baker“ aus? Es ist nicht so, dass es im Central Valley überdurchschnittlich viele Bäckereien gab. Tatsächlich muss man heute eher von Backfabriken sprechen, die jene weisslich-teigige Masse herstellen, die man für Sandwiches ebenso verwenden kann wie zum Abdichten von Fenstern und Türen. Auch verkehrten nicht überproportional viele Studebaker auf den Strassen von Bakersfield. Mit ihrem Verkehrsaufkommen schafft es die Stadt dennoch auf Platz sechs der Städte mit der schlechtesten Luft der USA – nicht schlecht für eine der am schnellsten wachsenden Wirtschaftsregionen des Landes. Nein, Bakersfield erhielt seinen Namen nach Colonel Thomas Baker, der viele Felder entlang des Flusses erwarb. Ein mutiger Mann mit Schwimmhäuten zwischen seinen Zehen.

Im Jahre 1952 erschütterte ein Erdbeben die Region, von dem Bakersfield glücklicherweise weitgehend verschont blieb. Es richtete sogar weniger Schäden an als die Stadtplaner in den darauffolgenden Jahren. Dennoch suchten die verunsicherten Bürger Trost und fanden sie in der Country-Musik, die zufällig an einem Samstagabend in einer Honkytonk-Bar namens „The Blackboard“ von einem aus Oklahoma zugewanderten Ölarbeiter entdeckt wurde, der auf den Namen Buck Owens hörte. Dieser bastelte sogleich nach Feierabend nächtelang am sogenannten „Bakersfield-Sound“, dabei war es so schwierig eigentlich nicht: Im Gegensatz zu den gelackten, überfrachteten und total vergeigten Produktionen aus Nashville einfach auf rauere Klänge setzen, zum Beispiel mit zwei Fender-Telecaster-Gitarren, die nebenbei derart telegen waren, dass die lokalen Fernsehstationen auf den neuen Sound setzten und so zu dessen Verbreitung beitrugen. Man orientierte sich am Rock ’n’ Roll und gab eine Prise Original-Oklahoma-Staub dazu.

Bald hatte Owens andere Musiker um sich geschart, wie Lewis Talley oder Speedy West, die auch bei Jean Shepards A Dear John Letter  mitwirkten, dem ersten landesweiten Country-Hit, der vollständig von Bakersfield-Musikern eingespielt wurde. Ob John den Brief je beantwortet hat, ist nicht bekannt. Buck formierte seine eigene Band The Buckaroos – ein Buckaroo ist ein Cowboy aus dem Central Valley, das Wort leitet sich entweder vom spanischen „vaquero“ ab oder von einem Pferd, das bockig ist. 1965 coverten sogar die Beatles Bucks Song Act Naturally. Aber Bakersfield wäre nicht zu dem geworden, was es ist – nämlich stilprägend für ganze Generationen –, ohne Merle Haggard, obwohl der im benachbarten Oildale aufgewachsen ist. Merle und Buck haben grossen Einfluss gehabt auf Gram Parsons, Marty Stuart oder The Derailers (bekannt für ihre Entgleisungen) und vor allem natürlich auf Dwight Yoakam, der einmal gesagt hat, ohne den Bakersfield-Sound hätte es niemals Bands gegeben wie Creedence Clearwater Revival. Und somit auch keine Creedence-Clearwater-Revival-Revival-Band.

Top Ten Bakersfield

Buck Owens: Streets Of Bakersfield

Craig Morgan: I Wish I Could See Bakersfield

Bastard Sons Of Johnny Cash: The Road To Bakersfield

Chris Hillman & Herb Pedersen: Bakersfield Bound

Bendik Brænne: Bakersfield Sound

Son Volt: Bakersfield

Tom Russell: Bakersfield

Jim Lauderdale: Doin‘ Time in Bakersfield

Stephen David Austin: The Day Buck Owens Died       

David Norris: Bury Me In Bakersfield

Dieser Artikel erschien in der Country Style-Ausgabe Nr. 103/2019.

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