
Unser Zuhause verändert sich. Längst sind wir auf dem Weg zum Smarthome – und sogar Smart Stable. Aus einst belächelten Anfängen hat sich das vernetzte und automatisierte Daheim immer weiter entwickelt. Aus Gimmicks wurde echter Mehrwert. Dieser Trend erobert mittlerweile auch die Ställe. Nicht wenige Pferde leben inzwischen in einem zunehmend „gescheiten Zuhause“. Und es werden immer mehr.
Was ist ein „Smarthome“?
In einem Smarthome setzt man unterschiedliche Möglichkeiten der Gebäudeautomation mit dem Ziel ein, Energie effizienter zu nutzen, die Sicherheit zu erhöhen und das Leben im eigenen Zuhause schöner, einfacher, besser zu gestalten. Darunter fallen sehr unterschiedliche Ansätze und es werden entsprechend verschiedene Komponenten miteinbezogen: Kühlschrank, Herd, Haustür, Jalousien, Überwachungskameras, Heizung, Unterhaltungselektronik, Bewegungssensoren und andere mehr. Es lassen sich dabei drei Ebenen ausmachen: Die der angesteuerten Geräte und Einrichtungen selbst, eine zentrale Schnittstelle zur Vernetzung und Steuerung und schliesslich der digitale Zugriff aufs System.
Nun steht im Pferdestall kein Herd, in der Box kein Fernseher, in der Futterkammer kein Kühlschrank. Doch andere Funktionen und Nutzen eines Smarthomes sind durchaus auf unsere Pferdeställe übertragbar – und sogar richtig sinnvoll! Einige Hindernisse müssen allerdings überwunden werden. Es stellen sich Fragen: Gehen alle Beteiligten mit, also nicht nur Betriebsleitung und Mitarbeiter, sondern auch Reitschüler und Pferdebesitzer, vielleicht sogar Tierarzt, Hufschmied und Pferdephysiotherapeut? Nicht jeder Betroffene ist ausreichend technikaffin, nicht jeder entsprechend ausgestattet. Zudem sind solche Systeme unterschiedlich stark anfällig, was Hackerangriffe angeht. Auch die leidigen Funklöcher können einer Umsetzung im Weg stehen. Und was ist bei einem Stromausfall …? Veränderungen in Richtung Smartstable wollen also wohl bedacht und entsprechende Hard- und Software muss auf Sicherheit und Praktikabilität überprüft werden.
Schlauere Ställe
Wie könnte er aussehen, der smarte Stall der Zukunft, der schlaue Pferdebetrieb, das digital vernetzte und automatisierte Reitsportunternehmen? Wo liegen die Chancen, was bringt ein Smartstable wirklich?
Ein wichtiges Anwendungsfeld kann das Energie- und Klimamanagement der Stallung oder des gesamten Betriebsgeländes sein. Sensoren können Aussen- und Innentemperatur, Sonneneinstrahlung oder andere Werte erfassen und punktgenau handeln: Jalousien zur Verschattung des Stallinneren herunterfahren, die Tränkeheizung bei fallenden Temperaturen rechtzeitig einschalten, bei schlechten Luftwerten die Lüftungen aktivieren, bei drohenden Unwettern Alarm auslösen. Das spart Energie, macht die Reitanlage sicherer, entlastet die hier arbeitenden Menschen und macht es leichter, unsere Pferde gut zu versorgen.
Ein weiteres Feld könnte die Sicherung und Überwachung sein – der Anlage, der Weide, der Pferde: Apps informieren Sie ständig über den aktuellen Zustand des Weidezauns, Ihre Abfohlüberwachung per Kamera und Warnsystem zeigt, ob es der Zuchtstute gut geht und wann das Fohlen wohl kommen wird, Mitarbeiter, Reitschüler und Einsteller erhalten ihre Zugangsberechtigungen digital, den Gesundheits- oder Trainingszustand jedes einzelnen Pferdes haben Sie ebenfalls per App immer im Blick und können rasch eingreifen, wenn sich Erkrankungen bemerkbar machen, wenn das Training angepasst werden muss – all das und mehr ist heute bereits machbar.
Auch jede Menge zeitraubender Verwaltungskram lässt sich auf eine passende App abwälzen – so bleibt dem Betriebsleiter mehr Zeit für andere Aufgaben und vor allem für persönliche Kontakte. Kunden- und Pferdedaten werden zentral und digital verwaltet, Rechnungen per Mausklick erstellt, Termine online gebucht und vergeben, erbrachte Leistungen automatisch dokumentiert und berechnet. Reithallenbelegung, Weidegang, Futterpläne, Zeiterfassung und Urlaubsplanung der Mitarbeiter – viele einzelne Elemente können fortan automatisiert ablaufen oder lassen sich per App statt vor Ort steuern. So ist jeder informiert, umständliche Absprachen entfallen, und statt abends noch den lästigen Papierkram zu erledigen, geht es ans gemütliche Lagerfeuer …
Smart ist besser
Einmal eingerichtet, sparen automatisierte Systeme Zeit und Geld. Die sich automatisch selbst einschaltende oder per App steuerbare Tränkeheizung läuft nie bei Plusgraden, also wenn sie nicht gebraucht wird, springt zuverlässig aber immer an, wenn Frost droht, auch bei unerwarteten Wetterumschwüngen – und damit wird der Stromverbrauch effizienter. Ähnlich nützlich sind automatisierte Fütterungssysteme, die jedes Pferd nach Plan füttern, viele Einzelportionen vorlegen, bei Boxenhaltung für Ruhe im Stall sorgen und in der Gruppenhaltung mehr Harmonie bringen, da nun auch die Rangniedrigen zuverlässig an ihr Futter kommen und Streitigkeiten unterbleiben. Da in vielen Einzelportionen gefüttert werden kann, wird das Futter besser verdaut, nie verschwendet und so Futter gespart. Zudem bekommt eine solche Fütterung unseren Pferden besser, was sich positiv auf ihre Gesundheit auswirkt. Viele Tätigkeiten müssen nicht mehr vor Ort und zur gegebenen Zeit vorgenommen werden, sondern lassen sich entsprechend programmieren und dann lässig vom heimischen Sofa aus abrufen, steuern, ändern.
Der Smartstable ist sicher vorwiegend für kommerzielle Zucht-, Pensions- und Ausbildungsbetriebe interessant, kann aber in Teilbereichen – etwa in Sachen Energie – auch für kleinere private Pferdehaltungen lohnenswert sein und zudem jedem Pferd ein Plus an Sicherheit und Lebensqualität bieten. Insbesondere die Sicherheit auf der Weide und der gescheite Umgang mit dem Klimamanagement im Stall können auf diese Weise automatisiert werden – während in grossen Reitanlagen immer jemand vor Ort ist und selbst tätig werden kann, ist dies gerade bei kleinen privaten Pferdehaltungen eben nicht der Fall – gut, wenn dann die App zuverlässig eingreift und einen Defekt im Weidezaun meldet, die Jalousien hochfährt und die Fensterläden schliesst, die Tränkeheizung anwirft!
Noch schlauer: Back-up-Systeme auf zwei Beinen
Wo Chancen sind, lassen Risiken meist nicht lange auf sich warten. Digitalisierte, automatisierte Systeme sind störanfällig allein aufgrund ihrer Abhängigkeit vom Stromnetz. Legt ein banaler Blitzeinschlag die Stromversorgung in einer Region für einige Stunden lahm, wie es vor allem in ländlichen Gebieten häufiger vorkommt, muss gewährleistet sein, dass sich ausgefallene Funktionen, beispielsweise bei der Fütterung oder der Türentriegelung, zumindest vorübergehend händisch bedienen lassen. Bei automatischen Datenerfassungen muss zudem gewährleistet sein, dass alle für die Verwaltung relevanten Informationen sicher gespeichert und sowohl vor einem Zugriff von aussen als auch vor Stromausfällen, Bränden oder Hardwarediebstahl bewahrt werden. Wo nötig, müssen Einverständniserklärungen für die Datenspeicherung eingeholt werden. Auf Videoerfassung auf dem Gelände muss hingewiesen werden.
Es ist also noch ein weiter Weg, bis aus einem traditionellen Pferdehof ein Smartstable geworden ist. In vielen Pferdebetrieben aber hat die Zukunft längst ganz unauffällig Einzug gehalten und es sind bereits einzelne Funktionen automatisiert worden, an die wir uns längst gewöhnt haben: etwa, wenn das Licht mittels Bewegungs- oder Helligkeitssensor automatisch ein- und ausgeschaltet wird oder ein Spannungsabfall irgendwo am Weidezaun zu einer Störungsmeldung am Netzteil führt. Nun gilt es nur noch, diese und weitere Funktionen digital zu vernetzen und zu steuern – fertig ist der Smartstable, das bessere Zuhause fürs Pferd!