„The Place to go ist Idaho“ ist ein viel benutzter Reim in der Tourismuswerbung. Das Staatskürzel ist „ID“, der Satz „Show me your ID“ beim Alkoholerwerb ist überall in den USA zu hören. In Idaho schlägt bekanntlich das amerikanische Kartoffelherz. Seit der Gründung 1890 durch die Pionierin und Namensgeberin Ida Hostettler werden dort unermüdlich Kartoffeln geerntet – 85 Prozent des Gesamtvolumens der Vereinigten Staaten. Schweizer Leser:innen wird es freuen, dass die Dame aus dem aargauischen Schöftland stammte und bei ihrer Übersiedlung in die USA reichlich Kartoffelsamen im Gepäck führte. In Idaho ist die Ernährungslage einfach, denn ebenso haben wir es mit dem Lachsstaat zu tun, was auch den passionierten Angler Ernest Hemingway magisch angezogen hat. Seitdem prangt auf den Nummernschildern der Satz „Idaho – where Hemingway shot himself“. Lachssteaks vom „Sockeye Salmon“ mit den dicksten Kartoffeln der Staaten – es gibt nichts Besseres – hier kommt die viel gepriesene „Idahospitality“ zum Tragen.
In Idaho leben vorwiegend Rancher und Ranger, allerdings ist der Staat wegen seiner Unwegsamkeit zum beliebten Rückzugsort rechter Milizen geworden, die Belagerung von Ruby Ridge 1992 war nur der Anfang einer unseligen Geschichte. Es wird viel gesprochen über die tiefen Gräben innerhalb der Gesellschaft – geht Amerika zum Teufel? Eher nicht, zu Fuss unternehmen die wenigsten etwas, sie fahren höchstens zur Hölle. In Idaho ist das allerdings nicht einfach, der 43. Bundesstaat verfügt zwar über wasserreiche Wasserarme, aber das Strassennetz ist dünn, und der gesamte Personenschienenverkehr spielt sich auf den 60 Meilen ab, die der „Empire Builder“ zwischen den Landesgrenzen von Montana und Washington zurücklegt.
Eine besondere Touristenattraktion ist eine Art Bordellmuseum in der einstigen Minenstadt Wallace, das im Shoshone County im Westen des Staates liegt, was wiederum ein Hinweis darauf ist, dass es selbst hier Ureinwohner gab: Schon im 19. Jahrhundert schonten sich die Shoshonen nicht, wenn es darum ging, sich gegen den weissen Mann zu verteidigen. Die weisse Frau trifft in diesem Fall keine Schuld.
Dass hier nicht nur Hinterwäldler zu Hause sind, zeigt die Internationale Kartoffelbiennale in Boise, in der bedeutende Kartoffelkunst ausgestellt wird, wie zum Beispiel die Skulptur der ägyptischen Göttin Pommfritete aus dem 14. Jahrhundert oder die Sitzbank aus einer besonders festkochenden Sorte, die 1926 bei Ausgrabungsarbeiten in Kleinasien gefunden wurde und auf der bereits der bedeutende griechische Philosoph Plankton gesessen haben soll. Dazu findet der Besucher lokale Exponate wie die Kartoffelskalps, der Fachmann spricht von Baked Potato Skins, mit Motiven aus dem Alltag der Nez Percé, die man in der Nähe von Pocatello entdeckt hat. Viele Kunstwerke fielen indes profaner Nahrungsmittelaufnahme zum Opfer. Die meisten Menschen sind undankbar und degradieren die Kartoffel zur simplen Sättigungsbeilage, dabei übersehen sie ihre charakterlichen Qualitäten, allen voran die Fähigkeit zur Freundschaft ohne Eigennutz. Ausserdem beklagt sie sich nie.
Trotz vieler sogenannter „Freidenker“ und „Prepper“ gibt es Gesetze. So ist es verboten, in einem Hundezwinger zu leben, ausser man ist ein Hund. Ohne das Okay des Sheriffs darf man in Idaho keine Hühner verkaufen. In Idaho Falls dürfen über 88-Jährige kein Motorrad mehr fahren. In Tamarack ist es illegal, nach Einbruch der Dunkelheit ohne Genehmigung Zwiebeln zu kaufen.
Idaho ist eher dünn besiedelt, dennoch ist das Musikportfolio mit einigen wohlklingenden Namen wohlbestückt. Ronee Blakey, welche die Hauptrolle in Robert Altmans „Nashville“ spielte, wurde in Nampa geboren, die Folk-Legende Rosalie Sorrels in der Hauptstadt Boise, ebenso wie die Singer/Songwriterin Eilen Jewell. Bitte nicht verwechseln mit einer gewissen Alene, die der Stadt Cœur d’Alene einen für Amerikaner absolut unaussprechlichen Namen spendiert hat. Von dort stammen auch die Mitglieder der Indie-Band Built To Spill, die sogar noch immer dort wohnen. Sonst ist Idaho für junge Leute ein guter Platz zum Weggehen. Zum Ausgleich ziehen viele Kalifornier in den Staat wegen der horrenden Grundstückspreise (oder der Erdbebengefahr), was die Grundstückspreise im „Gem State“ in die Höhe treibt. Weggegangen aus Stanley sind die vier Brüder Braun, um in Austin gleich zwei Bands zu gründen: Micky & The Motorcars und Reckless Kelly. Unsere Top Ten präsentiert heute Songs über Ansiedlungen in einem Bundesstaat, der erst 1890 als 43. der Union beitrat.
Peter Rowan & Jerry Douglas: Ruby Ridge
Kyle Brady: One Good Night In Boise
Ben Lee: Ketchum
The Love Lights: Cœur d’Alene
Elizabeth Goodfellow: Pocatello
Paul Justin: She Took My Heart In Nampa
Steinar Albrigtsen: Idaho Falls
Ron Pope: Twin Falls, Idaho
The Climbing: Rexburg
Cindy Kallet: Salmon River
Dieser Artikel erschien in der Country Style-Ausgabe Nr. 138/2022.
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