Bei jedem Pferdefreund steht daheim das beste Pferd der Welt im Stall! Sollte doch an der einen oder anderen Stelle nachgebessert werden müssen, was Ausbildung oder Erziehung angeht, greifen Pferdefreunde auf ihren gesunden Pferdemenschenverstand zurück.
Unterstützt werden sie durch die jeweils passende Technik samt entsprechender Ausrüstung – beides inklusive qualifizierter Trainer oder Selbsthilfeliteratur in reicher Auswahl vorhanden. Zu den beliebtesten Methoden gehört dabei das Klicker-Training, das auch bei Haustieren wie Hunden und Katzen gern eingesetzt wird. Das Grundprinzip lautet: Ein Klick ersetzt das Lob! Was hat es damit auf sich?
Was ist „Klicker-Training“?
Bei der Ausbildung verfolgen wir ein einfaches Ziel: Unsere Pferde sollen unerwünschtes Verhalten unterlassen, erwünschtes Verhalten zeigen. Zahlreiche Einzelschritte braucht es, um dem Pferd die Verbindung zwischen einem Signal (einer Hilfe) und der gewünschten Reaktion darauf beizubringen. Diese Lernprozesse steuert der Pferdefreund aktiv, indem er sein Pferd bei jedem Schritt in die richtige Richtung und erst recht bei jeder perfekten Ausführung lobt: mit der Stimme, durch freundliches Kraulen, ein Entlassen in die Dehnungshaltung, kurze Pausen, ein Leckerli. Dieses Lob erzeugt beim Pferd eine positive Emotion, und es wird so motiviert, das gewünschte Verhalten nun häufiger zu zeigen. Aus Sicht des Pferdes muss es nämlich einen guten Grund geben, um bestimmte Aktionen durchzuführen – es muss sich lohnen!
Anders als ein Leckerli oder eine Pause ist die Stimme des Pferdefreundes, die „Gut gemacht!“ sagt, für das Pferd zunächst ohne positive Bedeutung und kann nicht als Lob verstanden werden. Seinen Sinn erhält das Gesagte erst mit der Zeit, aus dem Kontext, der Beziehung zwischen Pferd und Mensch und vor allem aus der Verbindung mit weiteren Formen des Lobs. Ganz automatisch werden wir „Gut gemacht!“ sagen und gleichzeitig unser Traumpferd krabbeln oder ihm ein Stück Karotte anbieten. So entsteht im Pferd allmählich eine Assoziation zwischen Stimmlob und Leckerli oder Kraulen, und in Zukunft wird das mit freundlicher Stimme vorgetragene Lob allein ausreichen, um beim Pferd ein positives Gefühl hervorzurufen. Es ist also möglich, die Wirkung eines für das Pferd zunächst bedeutungslosen akustischen Signals so zu verändern, dass es beim Pferd eine positive Stimmung erzeugt.
Genau so funktioniert das Klicker-Training. Der Klicker ist ein kleines Metallgerät, ein Knackfrosch, das beim Drücken ein kurzes akustisches Signal erzeugt – einen Klick. Der ist ebenfalls für das Pferd zunächst ohne jede Relevanz. Der Klicklaut wird nun zunächst mit einer positiven Bedeutung versehen, indem er immer gleichzeitig mit einer Futterbelohnung erzeugt wird. Pferd bekommt Leckerli, hört Klick und fühlt eine positive Emotion. Nach einiger Zeit kann man dann das Leckerli weglassen, denn es reicht nun allein der Klicklaut zur Auslösung eines positiven Gefühls. Das Pferd hat die Bedeutung des Leckerlis samt der dadurch erzeugten Stimmung auf den Klicklaut übertragen.
Wissenschaftliche Grundlage
Klicklaut, Stimmlob, Kraulen, Leckerli usw. haben aus Sicht der Verhaltenskunde die Funktion einer „positiven Verstärkung“. Als positive Verstärker funktionieren Futterbelohnungen, angenehme Berührungen oder Pausen deshalb so gut, weil Pferde deren Bedeutung nicht erst erlernen müssen – es sind „primäre Verstärker“. Wenn wir klickern oder „Gut gemacht!“ sagen, nutzen wir „sekundäre Verstärker“, zunächst bedeutungslose Reize, die erst mit einer (positiven) Bedeutung für das Pferd quasi aufgewertet werden müssen. Klickern ist also lediglich eine besondere Form der positiven Verstärkung und entspricht in seiner Wirkung anderen Formen des Lobes, mit dem wir in Lernprozessen erwünschte Verhaltensweisen unserer Pferde festigen. Gleiche korrekte Vorgehensweise vorausgesetzt, ist es also egal, ob wir ein Stimmlob, einen Klicklaut oder ein Leckerli einsetzen. Es gibt aber trotz dieser soliden wissenschaftlichen Basis mehrere Gründe, warum das Klicker-Training kritisch betrachtet wird.
Warum einfach, wenn es auch umständlich geht!
Das Klicker-Training hat sein eigentliches Einsatzgebiet im Training von Zootieren und anderen nicht domestizierten und ungezähmten Tieren, die etwa für medizinische Untersuchungen oder zur Beschäftigung bestimmte Lernziele absolvieren sollen. Dafür braucht es eine Form des Lobs, die ohne Nähe und Körperkontakt auskommt – der Klicker erfüllt diese Voraussetzung ideal. Zudem ist der Klicklaut unverwechselbar und vor Trainingsbeginn mit keinerlei Bedeutung für das Tier verknüpft.
Aus diesem Kontext wurde das Klicker-Training in den Bereich der Ausbildung, Erziehung und Beschäftigung von Pferden übernommen. Zudem werden heute in Kursen, Videos oder Büchern „Gesamtpakete“ vermarktet, die das Klicker-Training eng mit Anleitungen etwa zur Erziehung verbinden. Wer diese Kurse besucht, Bücher liest, Videos ansieht, erhält so oft den Eindruck, dass mit „Klicker-Training“ dann eben diese Form von Verladetraining oder diese Technik der Bodenarbeit gemeint ist, was irreführend ist. Wenn Sie Ihrem Pferd beibringen, auf „Gib Huf“ den Huf anzuheben, und es dann mit einem Leckerli belohnen, ist das kein Klicker-Training. Wird aber beim Hufeaufheben der Klicker betätigt, um das Pferd zu loben, machen Sie Klicker-Training. Gleicher Lerninhalt, unterschiedliche Methode. Was auch immer Sie Ihrem Pferd gerade beibringen, es wird durch die Verwendung eines Knackfrosches zum Klicker-Training. Sie können Ihrem Pferd die gleichen Lerninhalte ebenso gut mit anderen Verstärkern vermitteln …
Vertreter dieser Methode heben besonders hervor, dass der Klicklaut anders als etwa ein Stimmsignal von keinerlei Emotion gefärbt werden kann und zudem bei jedem Anwender gleich klingt. Das ist sicher richtig, spielt aber eigentlich beim Pferd keine Rolle. Die Kommunikation über die Lautsprache innerhalb der Herde findet schliesslich auch nicht genormt statt und unterliegt natürlichen Schwankungen, sodass unsere Pferde die Bedeutung eines Stimmlobs zu erfassen lernen, auch wenn es nicht immer gleich oder von derselben Person geäussert wird.
Ein weiteres Missverständnis: Anstatt in einem ersten Schritt den Klicker mit seiner positiven Bedeutung zu versehen und dann den Klicklaut allein als Lob (als positiven Verstärker) einzusetzen, wird dieser zweite Schritt nie gegangen, sondern stets Klicklaut plus Futterbelohnung eingesetzt. Und das ergibt wirklich keinen Sinn …
Hinzu kommt: Immer eine Hand frei haben müssen, immer schnell reagieren, immer hörbar laut klicken – das schränkt die Möglichkeiten dann doch sehr ein. Wie soll das gehen beim Reiten, Longieren, Verladen? Ziemlich umständlich! Die eigene Stimme lässt sich da wesentlich besser nutzen: Sie kann ebenso wie ein Knackfrosch mit Bedeutung versehen werden, ist beim Training eh immer mit dabei, lässt sich problemlos auch an die jeweilige Geräuschkulisse anpassen. Wer dennoch den Klicker nutzen möchte – Nachteile entstehen Ihrem Pferd dadurch nicht, wenn Sie alles richtig machen! Die korrekte Vorgehensweise allerdings sollte mensch immer im Kopf haben und zudem stets Lernmethode und Lerninhalt gedanklich voneinander trennen. Dann wird‘s was mit dem Knackfrosch!