
Die Minivans sind tot – es leben die SUV’s. Die kleinen Raumschiffe waren zwar nicht für unendliche Weiten konstruiert, aber sie boten Raum und Komfort für eine ganze Besatzung und deren Ausrüstung auf dem Weg zu Familienabenteuern. Der Pacifica von Chrysler macht klar, dass man deren anhaltendes Verschwinden bedauern sollte.
In den 80er-Jahren gab es bereits so bezeichnete Sport Utility Vehicles – auch wenn man sie noch nicht so nannte –, und der Chrysler Konzern lancierte 1983 den Voyager als „Minivan“, setzte damit weltweit einen neuen Auto-Hype in Gang, der allerdings nicht lange anhielt. Alle stiegen ein, zuvorderst Renault mit dem Espace in Europa 1984 und Toyota mit dem Previa 1990 in Japan. Dann waren alle da, vorerst teilweise mit Kooperationen: Ford/VW, Fiat/Lancia und Peugeot/Citroen, zuvor schon lancierte GM mit Opel den kompakteren Zafira. 2013 hatte Ford sieben verschiedene Minivans im Programm. Stand zehn Jahre später: Die SUVs repräsentieren hinter den Pick-ups die meistverkaufte Fahrzeugklasse in den USA, und in der Schweiz führen sie den Markt an. Voyager, Espace (der kommt als SUV wieder), Galaxy, Windstar, Trans Sport, Sharan, Zafira, Ulysse, Carnival usw. – alle Minivans eingestellt. Alle? Nein, Chrysler, die einst stolze US-Marke, die drüben jetzt in einen europäischen Konzern integriert, aber weiterhin präsent ist, hält nach dem Wegfall des Voyager/Caravan ohne offizielles Angebot in Europa am Minivan fest. Und mit dem hier vorgestellten Pacifica holt der bekannte US-Spezialist Senag im aargauischen Besenbüren direktimportiert den Voyager-Nachfolger in die Schweiz. Dazu Patrick Senn: „Weil wir nicht nur verkaufen, sondern die Kunden auch beraten.“
Konkurrenzfähig
Und da steht er, sieht gut aus, stellt viele SUV mit ähnlichen Aussenmassen optisch in die Ecke, bietet Allradantrieb und gibt im Vergleich versus der preislichen SUV-Konkurrenten ein absolut überzeugendes Bild ab. Reihe eins und zwei mit je zwei fürstlichen Einzelsitzen inklusive Heizung und Belüftung, Reihe drei mit einem Einzel- und einem Zweiersitz, elektrisch klappbar, was gefühlt vielleicht etwas zu wanderdünenmässig funktioniert. Sieben Sitze, und dahinter bleibt immer noch ordentlich Platz für die Bagage. Zu sechst kann man sich bereits vorstellen, mit dem Pacifica eine längere Ferienreise anzutreten, ohne eine Dachbox aufschnallen zu müssen. Und mit Stil; zwischen den Sitzen kann man, ohne anzuecken, nach hinten durchgehen. Toll das riesige Ablageangebot für alles und jedes, offen und gedeckelt. Mittig machen Schiebetüren den Zugang auf engen Parkfeldern leichter, vor allem wenn man Kleinkinder deponieren will.
My home is my castle
Das Auto als Aufenthaltsraum. Wohlfühlaroma inklusive, das können die Amis besser als alle anderen, der Ausstattung fehlt es komfortmässig an rein gar nichts. Der Federungskomfort ist überdurchschnittlich, ohne dass sich der Aufbau in Kurven stark zur Seite neigt. Mit „Sport“ hat der Pacifica nichts im Sinn, aber richtig flüssiges Fahren lässt er zu. Vorn unter der Haube steckt ein konventioneller V6-Verbrenner, der daran erinnert, wie souverän wir uns bis in die 00er-Jahre locker und unaufgeregt fortbewegen konnten. Angeflanscht ist eine sauber agierende siebenstufige Getriebeautomatik. Mit unter zehn Liter Bleifrei auf 100 Kilometern kann man auskommen, sofern man diesen Peoplemover nicht ausschliesslich als Schulbus im Kurzstreckenverkehr missbraucht. Vier Personen in Reihe eins und zwei sind auf bequemen Sitzen mit beidseitig klappbaren Armlehnen aufgehoben, die dritte Reihe geklappt, tut sich ein gigantischer Kofferraum auf. Die zweite Reihe ebenfalls versenkt, macht der Pacifica den Vans à la Ford Custom oder VW Transporter Konkurrenz.
Dieses bei uns unbekannte Sympa-Auto aus den USA gibt’s auch als PHEV-Hybrid, dann allerdings nicht mit Allrad-, sondern mit Vorderradantrieb und einem Verbrauch von rund drei Litern/100 Kilometern, sofern man zu Hause Strom zapfen kann.