Arizona

Breuers Worte Arizona
Bild: Geri Stocker

In Arizona sind Wolken so selten, dass man ihnen Namen gibt. Ähnlich wie Florida, ist dieser Staat wegen seiner klimatischen Bedingungen deutlich überaltert, wobei man festhalten muss, dass längst auch die Dead Heads lässig auf die 80 zutrippeln bzw. mit dem Golfwägelchen unterwegs sind. Oder mit dem Wohnmobil: Tausende von motorisierten Wandervögeln überwintern in Quartzsite. Ihrer schlohweissen Haare und ihrer weissen Turnschuhe wegen nennt man sie: Q-Tipps.

Arizona hat seinen Spitznamen verdient: Florida West. Das Sun Valley ist dank des Seniorenbooms wie Phoenix aus der Asche emporgestiegen. Wobei man nicht ausser Acht lassen darf, dass die Lebenserwartung in den USA hinter der Bosniens und nur knapp vor Albanien anzusiedeln ist. Gern bleibt man dabei unter sich, weshalb man entlang der Grenze die Border Patrol und sogenannte „Not-Welcome-Center“ installiert hat. Folglich produziert der Staat konservative Fachkräfte am Laufmeter, das fing in den 60ern mit Barry Goldwater an und ging mit Sheriff Arpaio weiter, bekannt wegen seiner rüden Strafvollzugsmethoden, bis hin John McCain, der angesichts seines letzten Widersachers Donald Trump fast schon sympathisch rüberkam. Zumindest war er eine ehrliche Haut.

Aber selbst hier geht es immer gesünder zu, die Native Americans müssen sich mittlerweile mit Nichtrauchzeichen verständigen, wie unlängst Häuptling Hopi Heesters, der seit Jahren unter Bleichgesichtsstörungen leidet, in einem Interview beklagte. Lange kämpfte im südlichen Teil des Staates Häuptling Cochise, später Namenspatron einer populären Band aus dem Ruhrgebiet, der seine Montessori-Apachen zu erbitterten Gefechten mit den weissen Siedlern führte. Erst 1912 wurde Arizona als 48. Staat etabliert, bis dahin war die Gesetzlosigkeit Gesetz, vor allem im berüchtigten Tombstone. Revolverhelden wurden auch schon mal um die Mittagszeit am nächsten Baum aufgeknüpft, seither spricht man von „Lunchjustiz“.

Immerhin gibt es Oasen: Sedona mit seiner spirituellen Kraft bietet Zuflucht für Esoteriker. Bisbee hingegen wirkt wie vom Kifferhimmel gefallen. Die Main Street – sieben Minuten, wenn man nirgends länger verweilt – zählt auf einer halben Meile elf Galerien und sieben Antiquitätengeschäfte. Santa Fe hat wahrscheinlich auch so angefangen. Bisbee, das ist ein immerwährender Senioren-Springbreak, wo gern gefeiert und gebechert wird, the whole enchilada, natürlich hat man längst seine eigene Mikrobrauerei. Viele Besucher sitzen auf den Veranden und schlürfen ihre Nachmittags­-Margarita – „it’s five o’clock somewhere“, hat schon Jimmy Buffett gewusst.

Buffett ist allerdings in Florida zu Hause. Der Grand Canyon State hat dafür den „Arizona Cowboy“ aufzubieten, Rex Allen, aus dem Städtchen Willcox am Interstate 10. Phoenix hat die Welt mit Sunnyboy Dierks Bentley bereichert und jüngst mit Courtney Marie Andrews. Die zweitgrösste Stadt Tucson beheimatet Linda Ronstadt und die grossartige Formation Calexico. Der legendäre Chris Gaffney wurde in Arizona geboren, wobei es sich in dem Fall um ein Städtchen in Kalifornien handelt. Arizona steht eigentlich weniger für Country, umso mehr aber für Western: Kaum ein Ort, der von Dreharbeiten verschont geblieben ist. John Wayne hatte zeitweilig seinen zweiten Wohnsitz hier angemeldet. Die wüsten Wüsten des Staates lieferten atemberaubende Kulissen für Filme wie „The 3:10 to Yuma“, „Tombstone“ oder „Keine Rache für Ulzana“. Überraschenderweise auch „Oklahoma!“ A. D. 1955.

Wer sich ein Bild dieses Staates machen möchte, ist mit dem Film „Raising Arizona“ von den Coen-Brothers bestens bedient. Edward Abbey hat das Buch „The Monkey Wrench Gang“ geschrieben, das bis heute anarchische Umweltaktivisten inspiriert. Apropos: Für das Fällen von Kakteen können Freiheitsstrafen von bis zu 25 Jahren verhängt werden – zum Glück ist Sheriff Arpaio aus dem Amt gejagt worden. Dabei gelten Kakteen selbst als angriffslustig, die Schriftstellerin Janette Rollison hat einmal behauptet: „Sogar die Pflanzen in Arizona können dich verletzen!“ Der Staatsvogel ist der Kaktuszaunkönig (Cactus Wren), der hier seine eigene Vogelmonarchie betreibt. Weitere Vorschriften erwarten den Besucher: Es ist ungesetzlich, jemandem ein Glas Wasser zu verweigern, nicht einmal einem Kameljäger, denn auch das ist verboten: Kamele zu jagen. In Prescott ist es nicht gestattet, mit einem Pferd die Treppen vor dem Gerichtsgebäude zu erklimmen. Arizoniker nehmen das mit einem breiten Lächeln hin. Der Wissenschaftler Steven Magee lobt Arizona als einen „grossartigen Platz für Strahlungsforscher.“

Arizona ist freilich auch der Name einer Country-Band aus dem steirischen Salzkammergut, die womöglich einen der folgenden Titel unserer Top Ten in ihrem Repertoire hat:

Hier kommt die Top Ten der Songs mit Arizona im Namen:

Los Lobos: Arizona Skies

Guy Clark: Arizona Star    

Wilco: Hotel Arizona

Jamie O’Neal: There Is No Arizona

DeZurik Sisters:  Arizona Yodeler

Erin Hay: I Didn’t Move To Arizona

Reckless Kelly: Arizona Blues

The Rarely Herd: Arizona

Los Cenzontles: Arizona, Estado De Vergüenza

Waco Brothers: Arizona Rose

Dieser Artikel erschien in der Country Style-Ausgabe Nr. 115/2020.

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