Chris Regez, unterwegs seit 1980

Chris Regez

Nächster Halt: Aarau

Kaum verkündete ich, dass unsere historische Reise nun allmählich ins neue Jahrtausend führen würde, kommen mir dann doch plötzlich wieder Acts aus dem alten Jahrtausend in den Sinn, die ich bisher vergessen hatte. Man möge es mir verzeihen – es spricht für die unglaubliche Vielfalt und Dichte unserer Szene. Das wird künftig vermutlich noch einige Male passieren; ich werde nun ganz einfach gemischt weiterfahren mit Ereignissen aus beiden Jahrtausenden.

Ein eingefleischter Country-Künstler aus dem Aargau, der bereits Ende der 1980er-Jahre begann und bis heute konstant produktiv und erfrischend vielseitig unterwegs ist, verdient auf jeden Fall unsere Aufmerksamkeit. Zumal er nicht „nur“ als Musiker und Songwriter sich für die Americana-Kultur ins Zeug legt, sondern kürzlich auch als Buchautor. Ihr ahnt, von wem die Rede ist: Chris Regez. 1968 in Aarau geboren, wurde Chris bereits in seiner Kindheit zum Country-Fan. Schuld daran war wie so oft nicht „nur“ Musik, sondern auch einer jener legendären US-Filme: „Smokey And The Bandit“ – wer erinnert sich? Ein packender Action-Comedy-Film aus dem Jahre 1977 mit Burt Reynolds (1936–2018) – und mit der Country-Ikone Jerry Reed (1937–2008). Reed, der unsterbliche Sänger, Songwriter und Gitarrist aus Atlanta, wirkte in diesem Streifen nicht nur als überzeugender Schauspieler, er schrieb und interpretierte auch gleich den Titelsong zum Soundtrack: East Bound And Down. Der Film und vor allem eben dieser Song waren für Chris Regez ein Schlüsselerlebnis und der Grund dafür, dass er bereits als Teenager zur Gitarre und zum Gesangsmikro griff. Und dass da in ihm jener Traum zu wachsen begann – Chris wollte selbst dorthin, wo „Smokey And The Bandit“ gedreht wurde und wo all diese Musik herkam, die er liebte. 1988, einen Tag nach seinem 20. Geburtstag, war es so weit: Headin’ West, genau wie im Song von Dan Seals beschrieben – Chris reiste ins Land der unbegrenzten Möglichkeiten, die Gitarre mit dabei. Washington, D.C., New York, Kalifornien, Arizona, Texas usw. waren Ziele auf seinem ersten USA-Trip. Und natürlich Nashville, die „Music City USA“. Mit Glück und weil Chris bereits damals das Gespür und die Leidenschaft für Networking besass (zehn Jahre später gründete er seine eigene PR-Firma), gelang es dem jungen Aargauer bereits beim ersten Nashville-Besuch, wertvolle Kontakte in der Musikbranche zu knüpfen.

Kontakte, die ihm in Nashville sogleich Türen öffneten zu Produzenten, Studios, Songwritern und Session-Musikern. Chris fackelte nicht lange und nahm bereits 1989 vor Ort eine erste Single auf: Remember The Time – und zwar nicht irgendwo, sondern im legendären Fireside Recording Studio der Oak Ridge Boys! Der Song landete in der Schweiz sogleich in der Playlist von Radio Argovia, und es folgte ein Liveauftritt beim ersten Radio Argovia Fäscht. Bei einer Single sollte es nicht bleiben – im Verlaufe der nächsten drei Jahre reiste Regez regelmässig nach Nashville und nahm dort insgesamt drei Alben auf: „Headin’ West“ (1990), „For All My Friends“ (1991) und „Home Sweet Home“ (1993). Dass diese im Fireside Studio und später auch im Studio County Q produzierten Alben hochkarätig klingen, ist kein Wunder – seht Euch bloss die Liste der beteiligten Session-Musikern an: Gary Burnette, Kip Paxton, Mike Jordan, Joe Spivey, Leo Jackson, Michael Spriggs, Bruce Bouton, Danny Parks, Jonathan Yudkin, Milton Sledge usw. Alles Cracks, die zu jener Zeit auch auf CDs von Garth Brooks, Kathy Mattea, John Anderson oder Alabama mitwirkten.

1996 veröffentlichte Regez die Compilation „Strong Stuff“ mit den besten Songs aus diesen drei Alben. Gegen Ende des Jahrtausends fokussierte er sich dann mehr auf sein Heimatland Schweiz; 1998 begann Chris, eng mit Gogo Frei zusammenzuarbeiten – eine Kooperation, die bis 2020 andauerte. Frei ist, was man einen alten Hasen nennt; der Tausendsassa aus Kölliken ist seit 50 Jahren musikalisch unterwegs, war 1972 erstmals auf einer Schallplatte zu hören, arbeitete mit unzähligen Schweizer Formationen aus dem Bereich Blues, Pop, Old-Time-Jazz, Schlager und Mundart-Rock und war in den 1980er-Jahren erfolgreich in halb Europa unterwegs (mit Rolls Noise und Kniri‘s Crazy Blues Band). Während der 20-jährigen Zusammenarbeit mit Chris entstanden vier Regez-Alben, die alle in Gogos „Dust Track Studio“ produziert wurden: „10 Years Later“ (2001), „On The Move“ (2005), „Train Of Memories“ (2011) und „Barn Dance“ (2017). Bemerkenswert zum Beispiel die CD aus dem Jahre 2017; der Albumtitel „Barn Dance“ erinnert an die Zeit, in der man sich in den USA am Wochenende auf einer Farm traf, um in der Scheune zu Livemusik zu tanzen. Die Platte enthält einen Mix von Songs aus Gogo Freis Feder sowie diversen Coversongs. Gogo spielte auch in Chris Regez‘ Band, die regelmässig tourte; mit dabei neben Chris (Gesang, Gitarre) und Gogo (Leadgitarre, Gesang) waren Rolf Hugo (Bass), Tico Hirsiger (Drums), Dani Knechtli (Keyboard) und Monika Schär (Backgroundgesang). Sie ist übrigens seit Jahren mit Chartstürmer Trauffer unterwegs (und stand neulich mit den „Büetzer Buebe“ Gölä/Trauffer vor 80.000 Zuschauern im ­Letzigrund auf der Bühne). 

Im August 2019 nahm Regez‘ Laufbahn eine neue Kurve; Chris war solo engagiert für eine Party – und lernte dort Guitar Mike kennen, einen hervorragenden Leadgitarristen. Beide verstanden sich auf Anhieb, trafen sich kurze Zeit später zu einer Session und sind seither ein erfolgreiches Gespann. Bald folgten erste Duoauftritte, dann allerdings kam Corona. Die beiden Musiker liessen sich vom Virus nicht aufhalten und bauten während des ersten Lockdowns ihr Repertoire kontinuierlich aus. Chris und Mike setzten während der schwierigen Zeit auf Kreativität und fanden trotz Covid-Misere Wege der Zusammenarbeit. Als sich die Lage im Sommer 2020 etwas beruhigte, wurden die beiden als Chris Regez & Guitar Mike vermehrt für Konzerte gebucht. Im Oktober und November 2020 führten sie (unter Einhaltung der Corona-Schutzmassnahmen) ihre selbst organisierte „Chill Out“-Konzertserie durch; mit Eigenkompositionen sowie bekannten Coversongs. In der Folge ergänzten Chris und Mike ihr Duo mit weiteren Musikern, um auch auf grösseren Bühnen wie beim Trucker-Festival Interlaken oder beim Country-Festival im Albisgütli zu bestehen: Daniel Petrecca (Drums), Roger Sigg (Bass, Gesang) und Steve Birrer (Pedal-Steel, Gesang), bei gewissen Gelegenheiten auch mit Tabea Legler als Gastsängerin.

2021 stand im Zeichen der CD „In The Cloud“. Chris hatte bereits 2018 begonnen, an neuen Songs zu arbeiten, sandte Demo-Aufnahmen nach Nashville, um sie dort arrangieren zu lassen. Die mit Mike geschriebenen neuen Songs In The Cloud, Drinkin’ Never Hurt (To Heal A Broken Heart) und I Don’t Care (What People Say About Me) brachten das Projekt Ende Sommer 2021 auf die Ziellinie. Die Leadgesänge, Gitarrensoli und Backgroundgesänge wurden in der Schweiz eingespielt, das finale Abmischen und Mastering erfolgten in Nashville. Im Februar 2022 feierten Chris, Mike und Band vor ausverkauftem Haus im Hotel Storchen in Schönenwerd ihre CD-Taufe; im Sommer darauf standen sie erneut im Studio und spielten die brandneue EP „Break Free“ ein, zusammen mit Produzenten Nik Ilic und wiederum in Kooperation mit Cracks aus Nashville. Wir sind sehr gespannt auf weitere Projekte – und natürlich auch auf Chris Regez‘ Arbeit als Buchautor, denn nach bisher drei erfolgreichen Musikromanen („Der Songwriter“, „Entscheidung in Florida“ und „Fatale Kettenreaktion“) wird Chris bestimmt auch hier rechtzeitig eins draufsetzen. Chapeau!