60 Jahre Lieder und Geschichten

Graham Nash (Bild: Werner Büchi)
Graham Nash (Bild: Werner Büchi)
Die Folk-Rock-Legende Graham Nash bot am 5. September 2023 einem gut gelaunten Publikum im Theatersaal des Zürcher Volkshaus einen Querschnitt durch 60 Jahre Musikschaffen. Unterstützt wurde er von zwei Musikern – oder exzellenten Sängern.

Er gilt als Meister des Harmoniegesangs. Der spielte schon bei der britischen Band The Hollies eine grosse Rolle, die Graham Nash in den 60er-Jahren gründete. Perfektioniert wurde der Harmoniegesang vollends, nachdem Nash in die USA auswanderte und mit David Crosby und Stephen Stills ein hochkarätiges Trio bildete. Zeitweise wurde es noch verstärkt durch Neil Young. Inzwischen tritt der gebürtige Brite unter seinem Namen auf, geblieben ist aber der starke Harmoniegesang. Den steuerten beim Konzert in Zürich Gitarrist Shane Fontayne und Keyboarder Todd Caldwell bei.

Dass die drei gesanglich gut zusammenpassen, zeigte sich schon beim Eröffnungssong Wasted On The Way. Mit der bemerkenswerten Zeile „I’m older now“. Das sangen Crosby, Stills & Nash 1982, mittlerweile stimmt diese Aussage ganz klar. Graham Nash ist 81 und weisshaarig. Dass es im rund 400-köpfigen Publikum etliche Leute mit ähnlicher Haarfarbe hatte, war angesichts von 60 Jahren musikalischem Wirken logisch. Doch es waren erfreulicherweise auch jüngere Gesichter auszumachen.

Das zweite Lied, Bus Stop, widmete Nash seinem ehemaligen Schulfreund und Hollies- Weggefährten Allan Clarke. Nach dem grossen Applaus für Marrakesh Express meinte der Künstler: „Ich realisiere, dass wir eine gute Zeit zusammen haben.“ Er dachte aber auch an die unter dem Krieg leidenden Menschen in der Ukraine mit zwei Liedern aus seinem aktuellen Album „Now“. Der bekennende Pazifist rief dazu auf, für ein besseres Leben für unsere Kinder und unsere Enkel zu sorgen.

Mit vielen Leuten zusammengearbeitet

Graham Nash war des Lobes voll für sein ehemaliges Bandmitglied David Crosby, der im Januar dieses Jahres starb: „Ich kenne niemanden, der Songs wie David Crosby schrieb.“ Nash erzählte, dass er in seinem Leben mit vielen interessanten Musikern und Musikerinnen zusammengearbeitet habe. Besondere Erwähnung erhielt natürlich Stephen Stills, der für den Einwanderer aus Europa den Song 4 + 20 schrieb. Und da war auch Joni Mitchell. Mit der kanadischen Sängerin lebte Nash gut zwei Jahre zusammen im Laurel Canyon bei Los Angeles. Sie inspirierte ihn zum Lied Our House. „Viele meiner Songs entstehen aus ganz gewöhnlichen Situationen“, meinte Nash.

Eine weitere schöne Geschichte: Kurz vor der Abreise von einem Hawaii-Aufenthalt habe ein Freund mit ihm gewettet, dass er vor dem Abschied kein Lied mehr schreiben könne. Es war die Geburtsstunde von Just A Song Before I Go.

In 60 Jahren haben sich selbstverständlich enorm viele Lieder und Geschichten angesammelt. Doch nach gut zwei Stunden war Schluss im Volkshaus. Zur Zugabe gruppierte sich das Trio einem Jodelchörli gleich um ein einziges Mikrofon und ehrte den viel zu früh verstorbenen Buddy Holly. Doch irgendwie fehlt noch was. Wohl zur Freude der meisten Leute im Publikum folgte zum Abschluss Teach Your Children. In einer gekürzten Version zwar, aber trotzdem schön.

Kurze Randnotiz: Enthusiastische Fans können manchmal nerven. Ein Mann im Publikum stiess den ganzen Abend laute „Wuh“-Rufe aus. Tönte, als heule ein Kauz den Mond an – oder so ähnlich.

Dieser Artikel erschien in der Country Style-Ausgabe Nr. 153/2023.

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