Schöner Wohnen mit Weideblick

Halbtüren können mal ganz, mal halb geöffnet werden und dem Pferd so unterschiedlich viel Freiheit gewähren. (Bild: Angelika Schmelzer)
Halbtüren können mal ganz, mal halb geöffnet werden und dem Pferd so unterschiedlich viel Freiheit gewähren. (Bild: Angelika Schmelzer)
Früher war die Pferdebox der Goldstandard in der Pferdehaltung. Auf wenigen Quadratmetern, ringsum brusthoch dicht vermauert und darüber mit Trenngittern versehen, dunkel, muffig und reizarm – in diesen Streichholzschachteln sollten unsere Pferde ihr Leben verbringen.

Inzwischen weiss man, dass diese Form der Haltung den Bedürfnissen unserer Pferde nicht entspricht und sie gesundheitliche Schäden davontragen, aber auch seelisches Leid erdulden. Nicht immer und überall lässt sich die pferdegerechte Unterbringung in der Herde, im Offenstall oder auf der Weide verwirklichen – leider. Doch wo Boxenhaltung immer noch unerlässlich ist, leben unsere Pferde heute meist in hellen, luftigen und grossen Boxen in angenehmer Atmosphäre, mit Fenster nach draussen, täglichem Freigang auf der Weide oder im Winterauslauf und ständigem Sicht- sowie Körperkontakt zu den Kumpels rechts und links. Insgesamt hat sich die Situation der in Boxen gehaltenen Pferde stark verbessert – doch da geht noch mehr!

Alte Ställe pferdegerecht umbauen

Wenige Ställe befinden sich noch auf dem Standard von vor zwei bis drei Jahrzehnten. Sind die baulichen Voraussetzungen günstig und einige finanzielle Mittel vorhanden, lassen auch sie sich mit überschaubarem Aufwand so umbauen, dass unsere Pferde darin gesünder und glücklicher leben können.

Oft muss ein Stall dafür allerdings komplett entkernt und neu konzipiert werden: mit grosszügigeren Grundrissen, die in der Box mehr Platz vorsehen und gleichzeitig alle Einrichtungen darin so unterbringen, dass jeder Bewohner in Ruhe fressen, trinken, schlafen kann. Es läuft darauf hinaus, dass nun weniger Pferde pro Stall (zum Beispiel werden drei Boxen zusammengelegt und zwei neue auf dieser Fläche errichtet) untergebracht werden können oder dass gleich von Boxen- auf Laufstall- oder Offenstallhaltung umgestellt wird.

Wenn der Bauplan der alten Stallung dies erlaubt, können manchmal einfach die Gitter zwischen jeweils zwei Boxen entfernt oder die Türen zur Stallgasse tagsüber geöffnet und durch eine mobile Abtrennung auf Brusthöhe gesichert werden. Jede bauliche Veränderung, die mit einer Öffnung der Box verbunden ist, hat zahlreiche Vorteile: Sie ermöglicht nicht nur Kontakte der Pferde zueinander, sondern auch eine Teilhabe am Leben im Stall, beugt Verhaltensstörungen vor und erhöht die Lebensqualität beträchtlich. Und sogar ohne Erweiterung der Grundfläche pro Box haben die Pferde dann deutlich mehr Platz! Bei erwiesener Sympathie können auch Doppelboxen in Erwägung gezogen werden: Die Trennwand zwischen zwei Boxen wird entfernt und so eine kleine „Wohngemeinschaft“ geschaffen, in der zwei gut zueinanderpassende Pferde nun gemeinsam leben.

Mief raus, Frischluft rein!

Aussenfenster können je nach Bausubstanz auch nachträglich installiert werden, manchmal sogar Türöffnungen von jeder Box in einen vorgeschalteten Paddock, der anstelle von Grünflächen und Blumenrabatten errichtet wird. Halbtüren sind eine gute Wahl, da sie dem Pferd auch dann Zugang zur Aussenwelt ermöglichen, wenn es den Paddock zeitweise nicht betreten soll. Mit Fenstern und Türen kommen Frischluft und Licht in die Stallungen, zusätzlich aber auch viel Abwechslung und Beschäftigung für die Pferde. Allerdings zieht damit auch der Frost in die Stallungen, sodass bei diesen Massnahmen immer das Tränkesystem frostsicher aufgerüstet werden muss – dank moderner Technik selbst nachträglich problemlos möglich.

Wo immer möglich, sollten bereits vorhandene Fenster dauerhaft offen bleiben und am besten auch vergrössert werden, vielleicht als umlaufendes Lichtband, wenn normale Fenstermasse sich nicht umsetzen lassen. Wo nötig, schaffen Windschutznetze, Rollos oder Klappläden die Möglichkeit, allzu ungute Witterung draussen zu halten.

Mit wenigen Massnahmen kann zudem das Stallklima insgesamt verbessert werden. Auch mehr Licht lässt sich oft problemlos in das ganze Gebäude bringen. In vielen Dächern lassen sich oft ohne grossen Aufwand und mit überschaubaren Kosten Lichtelemente platzieren. Strategisch über jeder Box angeordnet, sorgen sie für Helligkeit im ganzen Stall und damit für eine angenehmere Atmosphäre und geringere Stromkosten. Zudem kann gezielt versucht werden, die natürliche Entlüftung durch nach oben abziehende Warmluft und aus tiefen Öffnungen nachströmende kühle Aussenluft anzukurbeln. So wird nicht nur Hitze, sondern es werden auch Feuchtigkeit und mit Schadgasen und Stäuben belastete Luft ohne Energieaufwand nach aussen und damit vom Pferd weggeleitet. Dazu braucht es lediglich ausreichend grosse Öffnungen einmal am First oder am Dachüberhang und einmal in Bodennähe – fertig!

Kuschelbett statt Wohntoilette

Auf engstem Raum futtern, schlafen und kleine wie grosse Geschäfte verrichten – das kann nicht angenehm und gesund sein fürs Pferd! Gut, wenn man die Funktionen „Bett“ und „Toilette“ trennen kann. Dafür sorgen heute vor allem moderne Einstreumaterialien und gute Untergründe für die Box.

Auf dem Markt sind neben der klassischen Stroheinstreu zahlreiche weitere Produkte verfügbar. Chinaschilf (Miscanthus sinensis), auch Elefantengras genannt, Holzpellets beziehungsweise Weichholzgranulat, Holzspäne, Einstreu aus Kokosschalen beziehungsweise -fasern, Leinschäben, Einstreu auf Strohbasis. Diese und weitere Produkte saugen Ausscheidungen besser auf, verhindern die Entstehung von Schadgasen und bieten so einen besser geeigneten Untergrund als das klassische Stroh.

Als Ergänzung legen immer mehr Pferdehalter die Box mit speziellen Stallmatten oder Softbetten aus. Diese Produkte punkten mit zahlreichen positiven Eigenschaften, die Gesundheit und Wohlbefinden von Pferden unterstützen: Sie sind warm, weisen also einen hohen R-Wert (Wärmedurchgangswiderstand) auf, sind rutschfest und verformbar (weich) und laden deshalb zum Niederlegen und bequemen Ruhen ein, entlasten den Trageapparat des Pferdes, sind robust, beständig gegen aggressive chemische Stoffe und geben selbst keine gesundheitsschädlichen Stoffe wie Weichmacher ab. Gute Stallmatten sparen Einstreu, und zwar in oft erheblichen Mengen. Damit lassen sich langfristig Kosten an mehreren Stellen sparen, nämlich nicht nur für das Einstreumaterial, sondern auch für die Lagerung der frischen Einstreu und des Mistes sowie für alle mit dem Streuen, Entmisten und Entsorgen anfallenden Arbeiten.

Mehr Abwechslung fürs Boxenpferd

Um gelangweilte Pferde zu beschäftigen, kann eine Box mit Spielzeug ausgestattet werden. Lose oder an der Decke befestigte grosse Bälle, teils mit Griff, ausserdem hohle und drehbare Spender, die mit einer Leckmasse befüllt sind, robuste Stofftiere – diese und andere Varianten hält der Fachhandel bereit. Gern genommen werden aber auch Äste diverser Bäume und Sträucher (ungiftig und ungespritzt natürlich), die abgeknabbert werden können. Lose aufgehängt, wird daraus ein Spiel.

Artfremde Tiere (Kaninchen, Ziegen und Co.) eignen sich nicht zur Vergesellschaftung mit Boxenpferden, denn so bekommt keiner, was er wirklich braucht: Kontakt zu Artgenossen und soziale Beschäftigung. Auch im Vergleich sehr viel kleinere Ponys, die man oft kurzerhand zum Warmblut in eine Box sperrt, sind bestenfalls eine Notlösung. Die Abmessungen und Einrichtungen der Box sind nicht auf ihre Ansprüche eingestellt, und so können sie oft nicht einmal durch die Gitter nach draussen schauen.

Boxenhaltung ist etwa in vielen Ausbildungs- oder Hengstställen weiterhin Realität. Von den dunklen, feuchten „Wohntoiletten“ vergangener Zeiten aber haben sich Pferdefreunde längst entfernt, und wo alte Stallungen noch auf Weiterentwicklung warten, wird immer öfter Hand angelegt und pferdegerecht umgebaut!