My Way Or The Highway

Tommy Alverson
Wer in der Texas-Music-Szene als Ikone gilt, kann nicht nur Hits vorweisen, sondern auch ein Buch über sein Leben. Es gibt viele solcher Bücher, zum Beispiel von Willie Nelson, Johnny Bush, Gary P. Nunn usw. Und nun auch von einer weiteren Texas-Music-Legende, meinem guten Freund Tommy Alverson. Wenn ihr also die spannende Geschichte über seinen Werdegang selbst erfahren wollt sowie die Gründe für viele seiner Liedertexte, dann bestellt sein Buch „My Way Or The Highway“.

Bruno Michel: Tommy, herzliche Gratulation zu Deinem tollen Buch. Was war der Grund, dass Du Dir Randy Callison als Co-Autor ausgesucht hast?

Tommy Alverson (TA): Nun, Randy hat eher mich ausgesucht. Beim 20. Family Gathering 2017 kam er in unser Wohnmobil und erzählte mir, er werde ein Buch schreiben. Ich sagte: „Super. Worüber?“ Seine Antwort: „Über Dich!“ Das hat mich ziemlich überrascht, aber hier sind wir nun mit dem fertigen Buch.

Dein Co-Autor hat einen guten Job gemacht. Vor allem werden Deine Fans es lieben, die Hintergründe zu vielen Deiner Songs zu erfahren. Frage an Dich, Randy: Wie kamst Du als pensionierter Zahnarzt dazu, ein Buch mit und über Tommy zu schreiben?

Randy Callison (RC): Nun, ich war nicht nur Tommys Zahnarzt, sondern bin auch sein Freund, und ich liebe ihn und seine Musik. Nach meiner Meinung hat er es verdient, dass es ein Buch gibt über sein Leben, seine Karriere und seine Songs.

Du hast aber schon andere Bücher geschrieben, oder?

RC: Nein, das war mein erstes Buch. Ich plane allerdings, weitere zu schreiben.

TA: Oh, wirklich? Das hab ich nicht gewusst, dass es Dein erstes war (Gelächter).

Tommy, als Gary P. Nunn Deinen Song ­Pickin’ And Grinnin’ aufnahm, hat er kurzerhand seinen Namen im Liedertext gegen Deinen ausgetauscht und Dir somit einen Karriereschub verpasst. Wer, ausser Deinem Vater, Rusty Wier oder Gary P., war sonst noch massgebend für Deinen heutigen Legendenstatus in der Texas-Music-Szene?

TA: Ja, das hat kein bisschen wehgetan (lacht). Es half meiner Bekanntheit sehr. Bezüglich weiterer Einflüsse: Johnny Bush war sicher der wichtigste. Er hat mir so viele Kontakte geöffnet, hat ermöglicht, dass ich mit Willie Nelson Aufnahmen machen und bei Willie’s Picnic spielen konnte. Und dann natürlich mein Freund Walt Wilkins. Wir sind nicht reich im Sinne von Geld, aber reich an Freundschaft, Liebe und Fans.

Ich kann mich gut an 2017 erinnern, als Johnny zum letzten Mal bei Deinem Family Gathering spielte. Wir machten ein Interview in seinem Tourbus, und seine Stimme war ziemlich am Ende schon während des Gesprächs. Aber er sang sich durch den Auftritt, und die Fans liebten seine Darbietung.

TA: Als man seine Stimmbandprobleme mit Botox zu behandeln begann, hing es davon ab, wie viel Zeit zwischen der letzten Injektion und einem Auftritt vergangen war. Als wir ihn bei einem Auftritt in Nocona begleiteten, musste er laufend die Stimmlage in den Songs ändern, damit er weiterhin gut klang. Aber für mich klang er selbst kurz vor seinem Tod noch so gut wie zu seinen Glanzzeiten.

Schon als Fünfjähriger hast Du Elvis-Songs mitgesungen, die Deine Schwester auf dem Plattenteller hatte. Und danach, als Elvis im Round-Up Café in Itasca, Texas, haltmachte, gab er Dir ein Autogramm. Und irgendwie findest Du das nicht mehr. Gibt es sonst noch Erinnerungsstücke, welche im Lauf der Zeit verloren gingen?

TA: (lacht) Das waren noch Zeiten. Aber um Deine Frage zu beantworten: Ich kann mich gerade an keinen anderen Verlust erinnern, jedoch an etwas, dass ich wiedergefunden habe. Als ich mein Album „Pickin’ On Willie“ aufnahm, zogen wir gerade von Arlington nach Mineral Wells um. Wir nahmen im Studio den Song Uncloudy Day auf. Ich hatte einmal eine alte Tonbandspule aus dem Jahr 1953 oder 1954, auf der mein Vater dieses Lied sang. Ich sagte zu meiner Frau, Amy Carol, ich wünschte, dass ich diese Tonbandspule wiederfinden könnte. Aus irgendeinem Grund war sie während unseres Umzugs darüber gestolpert und drückte sie mir in die Hand. Es war, als ob ich ein Gold-Nugget gefunden hätte. Ein Freund von mir konvertierte es ins MP3-Format, und wir nahmen einen Teil davon als Anfang des Album-Tracks auf. Es erinnerte mich an Lee Marvins Song I Was Born Under A Wanderin’ Star, als ich meinen Vater wieder singen hörte.

Als Du in der siebten Klasse warst, wurdest Du Mitglied der Band Renegades. Heute heisst Deine Band Western Deluxe. Was hat sich in diesen knapp 60 Jahren (ausser dem Musikstil) geändert?

TA: Was, schon so lange ist das her (Gelächter)? Mann, es hat sich so vieles geändert. Ich spielte in vielen Bands und mit verschiedensten Musikern. Damals war es mehr Rock als Country. Aber meine aktuelle Band mit meinem Sohn als Leadgitarrist und den andern Mitgliedern gibt uns die Möglichkeit, mehrstimmig zu singen. Also muss ich nicht mehr die ganze Arbeit allein machen als Frontmann. Aber man kann ja immer noch Musikstile mischen. Ich denke da an Ringo Starr, der Act Naturally sang, was auch für Buck Owens im Jahr 1963 schon ein Hit war. Oder an die Beatles, die auch Carl-Perkins-Songs im Repertoire hatten.

Randy, was war Deine grösste Herausforderung beim Mitschreiben dieses Buches?

RC: Das Ganze in chronologische Reihenfolge zu bringen. Ich erhielt so viele Details von Tommy, seiner Halbschwester und Mitmusikern, Freunden etc., dass es eine echte Herausforderung war, alles zu sortieren.

Tommy, in Deinem Buch erinnerst Du Dich an Festivals in Deutschland, wo Du mit Clay Blaker aufgetreten bist, und auch an das Craponne Festival in Frankreich, wo Du später mit Deiner eigenen Band gespielt hast. Wärst Du auch heute noch bereit für eine Europatournee?

TA: Wenn die Rahmenbedingungen stimmen, wäre ich sofort bereit für eine Tournee. Es wäre toll, all diese alte Architektur in den Städten wiederzusehen und vor allem die Fans, die Tausende Kilometer weg von Texas all Deine Liedertexte fast auswendig kennen. Beim Craponne Festival gab es eine Gruppe von Spaniern, die selbst gemachte Una Mas Cerveza-T-Shirts trugen, und als wir diesen Song spielten, drängten sie alle in die erste Reihe und sangen mit.

Gemäss Deinem Buch hast Du Amy Carol am 1. April 2014 geheiratet. Ihr feiert also in ein paar Monaten Euer 10-Jahres-Jubiläum. Das war also definitiv kein Aprilscherz. Sie arbeitet nicht nur rastlos für Dein Musikgeschäft, sondern sorgt mit ihren super Kochrezepten auch dafür, dass Du gut im Futter stehst. Aller guten Dinge sind drei, heisst ein Sprichwort bei uns. Das scheint auch für Deine Ehen zu gelten, oder?

TA: Sieht man, dass ich gut im Futter stehe (lacht)? Du hast recht, aller guten Dinge sind drei. Aber mit Amy Carol als Nummer drei bin ich sicher, dass es keine Nummer vier mehr geben wird.

Es ist ziemlich cool, dass einer Deiner grössten Fans auch noch Zahnarzt ist. Speziell dann, wenn er Dir auch noch hilft, ein Buch zu schreiben. Wie emotional war es, sich an all diese Geschichten und Vorkommnisse zu erinnern, die im Buch erwähnt werden?

TA: Nun, als Randy noch praktizierte, hat er sich immer gut um meine oder Amy Carols Zahnprobleme gekümmert. Aber als Freund und Buchautor ist er noch viel wichtiger geworden. Betreffend Erinnerungen: Manchmal war es recht emotional, vor allem bei den Abschnitten über meine Eltern. Oder auch bei Erwähnung der vielen Freunde, die ich im Laufe all dieser Jahre verloren habe. Als ich vor ein paar Wochen den Teil über Johnny Bush im Buch las, war es gerade um den Jahrestag seines Todes herum. Das war ziemlich stressig und aufrührend.

Letzte Frage an beide: Wenn Ihr ein Interview mit Tommy Alverson über sein neues Buch machen würdet, was würdet Ihr ihn fragen, was ich nicht gefragt habe?

TA: Keine Ahnung, Du hast Dinge gefragt, auf die ich nicht mal gekommen wäre (lacht). Du bist einer der wenigen, mit denen ich immer gern ein Interview führe. Im Buch wollte ich Schlammschlachten vermeiden. Klar hätte es das eine oder andere zu erzählen gegeben. Aber ich wollte es positiv halten für all die Fans und sonstigen Leser.

RC: Wie kannst Du so viele Freunde unter Fans und Musikern haben, die Dich über alles lieben? Und die Antwort ist, weil Tommy sein Herz und seine Seele in alles steckt, was er tut.

Vielen Dank für das Gespräch und viel Erfolg mit dem Buch. Ich freue mich auf all unsere weiteren Begegnungen.