Grosser Gamechanger

Trotz kompakter Aussenmasse ist der Fond erwachsenentauglich. (Bild: Jürg Wick)
Trotz kompakter Aussenmasse ist der Fond erwachsenentauglich. (Bild: Jürg Wick)
Mit dem elektrischen „Lightning“ aus der Bestseller-Truckmodellfamilie F150 schiebt Ford die Elektrifizierung auf US-Strassen erst so richtig an.

Pick-ups repräsentieren in den USA und Kanada die meistgefahrene Autoklasse. Zusammen mit den Sport Utility Vehicles und den Minivans der Kategorie Light Trucks zugeordnet, machen sie bei den Neuwagen-Zulassungen rund 80 % des Marktes aus, die Passenger Cars lediglich noch 20 %.

Der F150 ist ein Auto für alles, und mit über 40 Millionen das zweitmeistverkaufte der Welt hinter dem  Corolla von Toyota. Er ist aber kein Fahrzeug für Europa, da bleibt es exklusiv (letzter Bericht F150 in Country Style Nr. 85/2017). Mit dem F150 Lightning will die Company nun in Norwegen testen, ob sich ein Export zu uns lohnt. Markus Niffeler, der Geschäftsführer der Ford Garage in Sursee will mit seinem direktimportieren Lightning nicht so lange warten: „Das Interesse ist enorm, ob die Nachfrage auch so ausgeht, werden wir  sehen. Der erste Lightning in der Schweiz steckt bei uns noch in der Homologation“.

Grosses Ding

Der F150 ist 2,03 m breit und als Viertürer 5,91 Meter lang, also ein Riesending, als Elektrischer optisch kaum vom Verbrenner-F150 zu unterscheiden.

Je nach Betrachtungsweise ein Vor- oder Nachteil. Technisch unterscheidet sich der Stromer neben der Motorisierung auch mit seiner unabhängigen Schräglenker-Hinterachse von den Verbrenner-Varianten; bislang ein Alleinstellungsmerkmal unter den Pick-ups. Ebenso wie es die Karosserie seit einiger Zeit ist, denn sie besteht aus Aluminium, statt aus Stahlblech. Die hinteren Querlenker zeigen Umfänge, wie Oberschenkel von Skirennfahrern. Damit wird er nicht zum Sportwagen, fährt sich jedoch – auch dank den tief verbauten Batterien – erfreulich dynamisch, ohne viel Seitenneigung und er federt ganz kommod. Zum Quasi-Sportlaster wird der Lightning dank den zwei 458 PS starken Elektromotoren.  Über 1000 Newtonmeter Drehmoment aus dem Stand machen den Allradantrieb unverzichtbar.

Power satt

So wie der Dreitönner abgeht, hat man es kaum je erlebt; der Hochsitz dupliziert das Beschleunigungserlebnis; von 0 auf 100 km/h in weniger als fünf Sekunden. Atemberaubend, die Felgen scheinen in den Reifen durchzudrehen, absolut irre. Vor wenigen Jahren hätte dieser Ford noch sämtliche Porsches beim Beschleunigen verblasen, und gefühlt tut er dies immer noch. Dazu diese Laufruhe oder Tonhallenakustik bei aktiviertem Medium. Ja, wir sind in einer neuen Welt angekommen. Wegen der gewaltigen Power-Eruption aus dem Stand ist es am Start angezeigt, sich zurückzuhalten, denn mit der irren Kraft werden die mechanischen Komponenten enorm belastet, was viele Hersteller veranlasst die Anhängelasten der Elektrischen zu begrenzen: Rund 2300 kg sind entschieden weniger, als ein F150 mit V6-3,5-Liter- oder mit V8-Motor ziehen darf. Ausserdem knabbert die geballte Power emsig am Reifenprofil.

Grosser Frunk

Jenseits der Technik  gefällt der elektrische Ford Pick-up zuvorderst mit einem 400 L grossen Frunk unter der Nicht-Motorhaube, und wie alle Double-Cab-F150 mit grosszügigen Platzverhältnissen in der zweiten Reihe inkl. elektrischen Fenstern an der Rückwand, sowie der 1/3-2/3 Teilbarkeit der Rücksitzlehnen. Und mit wirklich allen Goodies und Assistenzsystemen, die heutzutage mehr oder weniger gefragt sind, inklusive ausklappbarer Trittstufe im Heck. Die Aufzählung würde diesen Artikel bei weitem sprengen. Gesichert scheint bloss, dass man bei einem Fahrzeugwechsel diese oder jene Verstaumöglichkeit übersehen wird. Angesichts der Masse, und der miesen Aerodynamik, sind Strombetankung (Wartezeit beim Aufladen) und Reichweite überdurchschnittlich gut. Und schliesslich kann der F150 Lightning auch als Notstromgenerator dienen und ab voller Aufladung einen durchschnittlichen Haushalt bis zu drei Tage lang mit Strom versorgen.