Buddy Dee

Buddy Dee

Nächster Halt: Seeland

Wir schlitteln auf unserer historischen Reise nun allmählich in die 90er-Jahre hinein, das habt Ihr bemerkt. Ein goldenes Jahrzehnt für unsere Szene! Die Welt war noch in Ordnung damals: Festivals hatten Hochkonjunktur, CDs ebenso, Masken waren nur einmal jährlich und vorwiegend in Basel und Luzern ein Thema – mein Gott, lasst uns nostalgisch sein und natürlich dennoch nicht den Mut verlieren. Mut machte uns während all der Jahre zum Beispiel auch die Musik eines dynamischen, optimistischen und talentierten Country-Stars aus dem Berner Seeland, und ihn wollen wir heute feiern: Buddy Dee.

Seine Reise begann genau genommen ein Jahrzehnt früher. Ein junger Mann namens Beat „Buddy“ Dauwalder tingelte Anfang der 80er-Jahre als Strassenmusiker durchs Land. Wer auf der Strasse besteht, der schafft’s auch auf der Bühne. Die ersten regulären Auftritte auf solchen Bühnen kamen 1984 zustande, und die waren derart vielversprechend, dass Buddy bald daran dachte, seinen regulären Job als Lastwagenfahrer an den Nagel zu hängen. Truck-Fahrer, yeah – ein Argument mehr, Country-Star werden zu wollen. Das Hauptargument jedoch war und ist eine perfekte Mischung aus Talent und Wille, welche Buddy zu dem machte, was er heute ist. Und so tauschte er denn Ende der 80er-Jahre das Lenkrad gegen Mikrofon und Gitarre ein – und bereut das bis heute nicht. Der Weg allerdings war hart und steinig; Buddy tingelte erst mal von Club zu Club, kaum bekannt, holte sich auf diese Weise jedoch das Rüstzeug als Musiker und Entertainer. Er wollte es schaffen!

Unter allen Umständen, ja – aber nicht ohne Wegbegleiter und Wegbereiter, wie immer im Leben. Wegbegleiter waren seine Mitmusiker, mit denen er Anfang der 90er-Jahre die bis heute legendäre Band The Ghostriders gründete, und Wegbereiter wurden schon bald seine beiden grössten Förderer, Country-Übervater John Brack und Country-Veranstalter Albi Matter. Doch der Reihe nach: Die Ghostriders gingen 1991 erstmals ins Studio, um ihr Debüt „For Fools Only“ einzuspielen; für Brambus Records übrigens, das legendäre Schweizer Label, 1988 von Paul Rostetter gegründet (wäre auch ein würdiges Thema für eine Kolumne). 13 Songperlen, darunter Even Cowgirls Get The Blues von Rodney Crowell, True Love Never Dies von Kevin Welch, I Still Miss Someone von Johnny Cash oder Lonesome, On’ry And Mean von Steve Young (berühmt geworden in der Version von Waylon Jennings). Das wäre dann so ungefähr auch gerade die Liste von Buddys damaligen Vorbildern, doch der junge Bieler hatte von Anfang an auch den Anspruch, eigene Geschichten zu erzählen – und die fanden ebenso Platz auf seinem Debütalbum. A Rollin’ Stone Like Me oder Ballad Of Billy Caine zum Beispiel, gemeinsam von Dauwalder und Co-Produzent Roger Lee Scherwey geschrieben. Diese erste Platte hatte es in sich, und im Studio mit dabei waren ausser Buddy Dee lauter hochtalentierte Kolleg(inn)en aus der Region: Roger Lee Scherwey (Gitarren, Backingvocals), Robert Kohli (Pedal-Steel), Rudy Eicher (Fiddle, Mandoline), Archie Amherd (Banjo), Paul Schütz (Bass), Rolf Mumenthaler (Bass), Peter „Dee Dee“ Kaufman (Schlagzeug), Jacqueline Dauwalder-Witschi (Backgroundgesang) sowie Jean-Claude Pache am Mischpult. Etwas genauer unter die Lupe genommen, sind das illustre Namen: Pache zählt bis heute zu den renommiertesten Tonmeistern der Schweiz, Robert „Bob“ Kohli ist ein vielbeschäftigter Pedal-Steel-Virtuose und spielte mit Rolf Fritschi, Jeannette & Willy oder in Heinz Flückigers Cool-Bunch-Band, und Dee Dee Kaufmann trommelte in diversen Rockbands wie Whole Lotta DC, Aeywaeg, Jackys, George oder Bad Ass Romance (mit Ex-Krokus Fernando von Arb). Keine Nobodys jedenfalls!

Da kam nun also ein bisher Unbekannter, schüttelte als Buddy Dee & The Ghostriders die helvetische Szene durch und brachte mit Spielwitz, Groove und Frische so manchen altgedienten Crack ganz hübsch auf Trab. Darauf ist Buddy heute noch stolz, auf diesen Blitzstart. Zu Ohren kam das Ganze natürlich auch Talentsucher Albi Matter – er nahm Buddy Dee unter seine Fittiche, managte ihn und gab ihm Platz auf der Bühne seines legendären Country-Festivals im Albisgütli. Buddy liess diese Chance nicht ungenutzt: Am 2. März 1993 stand er dann auf der Schützenhaus-Bühne und schmetterte mit seiner Band und mit zahlreichen Gästen ein phänomenales Konzert aufs Parkett. Zur grossen Freude der Schweizer Country-Fans wurde dieser Abend sogar aufgezeichnet und unter dem Label Show & Music Records als Live-CD veröffentlicht: „The Ghosts Are Alive!“ Wiederum ein starkes Album; unter den Gästen nicht irgendwer, sondern die renommierte US-Country-Sängerin Becky Hobbs, der österreichische Bluesharp-Star Cesar Galehr sowie der Schweizer Boogie-Klaviervirtuose Nico Brina – ein ausgesprochener Hot-Mix also. Zudem Buddy Dees Band in Topform; Chris Mathys an der Gitarre zum Beispiel (er spielte später bei George, der erfolgreichen Mundartrockband aus dem Seeland) oder der ebenso aus Biel stammende Werner Hostettler am Schlagzeug (später ein Mitglied der bekannten Rockband Juraya).

Ein Senkrechtstart, das ist längst klar. Doch es kamen schon bald zwei weitere grosse Sprünge, welche dem sympathischen Ex-Trucker endgültig zum Durchbruch verhalfen. Denn nun kam Übervater John Brack ins Spiel – er hatte die Entwicklung des talentierten Musikers bereits über Jahre wohlwollend mitverfolgt und hielt die Zeit für reif, Buddy für die nächsten beiden Platten als musikalischer Produzent unter die Arme zu greifen. Er liess kurzerhand seine Nashville-Beziehungen spielen und ermöglichte so, in der Country-Hauptstadt, in den Hilltop Recording Studios sowie in den County Q Studios, die beiden Alben „Midnight In Lakeland“ (1995) und „Roll The Dice“ (1997) einzuspielen. Und zwar nicht ausschliesslich mit Studiocracks aus Nashville, sondern teilweise auch mit Musikerfreunden aus der Schweiz: Urs Nüssli am Bass, Charlie Weibel am Schlagzeug (die Luzerner Sektion also, yeah!), Steve Vogt an der E-Gitarre (der Berner Saitenvirtuose ist bis heute in Buddy Dees Band geblieben), Alec von Tavel (der legendäre Gründer des Disctrade-Labels) als Coverdesigner, die Schweizer Greenwood Studios im solothurnischen Nunningen fürs abschliessende Mastering. Eine perfekte Mischung mit helvetischer Beteiligung; scheint mir der Idealfall zu sein (im Gegensatz zur „Die in Nashville sollen die Platte aus dem Hut zaubern, für die Livekonzerte reicht dann die Schweizer-Band“-Strategie). Buddy Dees Karriere war endgültig lanciert; er entwickelte sich in den folgenden Jahren zu einem routinierten Entertainer und schaffte es mehrmals auch in den Flimmerkasten, in TV-Sendungen wie „Top of Switzerland“, „Country Roads“ oder „Risiko“ sowie in diverse lokale Fernsehstationen. Live trat er inzwischen nicht nur quer durch die Schweiz auf, sondern erspielte sich eine treue Fangemeinde auch bei Konzerten in Spanien, Frankreich, Österreich, Deutschland, Polen und sogar in Afrika. Seit August 2009 gibt’s die bisher fünfte CD „Back In Town“, eingespielt im Soundville-Studio Luzern unter der Regie des alten Kumpels Jean-Claude Pache. Seit 2013 ist Buddy Dee ebenso als Mitglied der Swiss Highwaymen unterwegs, jener inzwischen bereits legendären Formation der vier Schweizer Urgesteine Andy Martin, Heinz Flueckiger, Alex Klein und Buddy Dee.

2015 schliesslich der grosse Höhepunkt in Buddys bisheriger Laufbahn: der Gewinn des begehrten 41. PRIX WALO in der Kategorie Country! Im vergangenen Jahr begingen Buddy Dee & The Ghostriders ihr 35-jähriges Bühnenjubiläum, und bei dieser Gelegenheit feierte Steve Vogt auch gleich seine 25-jähige Bandmitgliedschaft. Das wäre für ein Lebenswerk schon mal überaus viel – danke, Buddy! Hoffen wir, dass es noch lange und erfolgreich weitergeht mit der Seeländer-Magie; sobald der Corona-Teufel es wieder zulässt. Bis es so weit ist, überbrücken wir die Zeit mit der Country Style-Lektüre sowie dem Kauf und Genuss von (natürlich einheimischen) Tonträgern.