Bars der Stars: schon wieder eine Männerdomäne

Im Ole Red, der 2018 eröffneten Bar von Blake Shelton, hängt ein echter Traktor unter der Decke (Bild: Christoph Volkmer)
Mit Alan Jackson hat alles angefangen. Er war der erste Star, der am Broadway in Nashville eine Bar mit seinem Namen eröffnet hat. AJs Good Time Bar sollte nicht die einzige Anlaufstelle eines prominenten Musikers auf der primär mit Kneipen und Klamottenläden bestückten Party- und Flaniermeile bleiben. Der grosse Boom hat vor zwei Jahren eingesetzt, heute gibt es kaum noch einen der männlichen Top-Ten-Künstler, der noch nicht seinen eigenen Laden aufgemacht hat.

Die Einrichtung von Alan Jackson, in der Fans nicht nur ihren Durst stillen, sondern auch Erinnerungsstücke aus Alans Karriere bestaunen können, ist mittlerweile auf vier Etagen erweitert worden und verfügt natürlich über die schon obligatorische Rooftop-Bar, von der aus die Besucher einen Blick auf den meist gut frequentierten Broadway werfen können.

Einer der Gründe, warum mittlerweile auch die anderen Stars der Szene nachgezogen haben, lässt sich sicherlich mit dem anhaltenden Nashville-Boom erklären. 14,5 Millionen Touristen haben die Music City 2017 besucht. Im Jahr davor waren es 13,9 Millionen Gäste. Einen erheblichen Teil dazu beigetragen hat die Fernsehsendung „Nashville“, aber ebenso der Ruf als Top-Spot für Essen, Trinken und Party, den Nashville in den vergangenen Jahren kontinuierlich ausgebaut hat.

Nicht zu vergessen die anderen benachbarten Attraktionen, wie die Country Music Hall of Fame, die pro Jahr regelmässig über eine Million an zahlenden Besuchern anlockt. Insgesamt ist ganz Tennessee auf dem Vormarsch, aber die musikbetriebene Tourismusbranche im Davidson County, zu dem Nashville als Verwaltungssitz gehört, lockte den Gästen am erfolgreichsten das Geld aus der Tasche: 6,5 Milliarden Dollar liessen die Besucher an direkten Ausgaben im Jahr 2017 dort.

Was zur Folge hat, dass sich die Stars und deren Architekten im Wettstreit um die Kundschaft offenbar gegenseitig übertrumpfen wollen. Das lässt sich allein an der Grösse sehen. So misst AJs Good Time Bar lediglich 6.000 Quadratmeter, dagegen bringt es die Bar von Florida Georgia Line schon auf 22.000 Quadratmeter. Jason Aldean ist mit einem mehrstöckigen Bauwerk mit 27.000 Quadratmetern am Start, die damit nur unwesentlich kleiner ist Ole Red, die Bar von Blake Shelton. Grössenprimus ist nicht nur in den Charts, sondern auch in diesem Bereich Luke ­Bryan, dessen Luke’s 32 Bridge Food+Drink auf sechs Etagen unfassbare 30.000 Quadratmeter gross ist.

„Es ist eine Möglichkeit für die Fans, sich ein bisschen mehr mit ihren Lieblingsstars zu verbinden“, so der Superstar aus Georgia bei der Eröffnung seines Komplexes im vergangenen September. Schallplatten, Fotos und Präsentationen an den Wänden sorgen dafür, dass sich die Besucher hier fast wie in einem Museum ihres Lieblingssängers fühlen. Neben Getränken gibt es reichlich was auf den Tisch – und das für fast jeden Geschmack. Beim Chartstürmer steht unter anderem der „Luke-Elch-Burger mit rotem Drachenkäse“ auf der Speisekarte. Ein paar Schritte weiter kommen in Luke’s Sushi Bar die Freunde rohen oder geräucherten Fischs auf ihre Kosten.

Die Dekorationen lassen – ganz im Stil der bekannten Hard Rock Cafés – kaum extravagante Wünsche offen. Sind es in Dierks Bentleys Whiskey Row noch Gitarren, die von der Decke baumeln, hängt bei Blake Shelton ein Traktor kopfüber über der Bühne, bei Luke Bryan ist standesgemäss ein Pick-up-Truck im Inneren der Bar platziert. Bescheidenheit ist hier nirgends mehr König.

„Wir versuchen, den Besuchern etwas Neues zu bieten. Es gibt eine neue Art von Touristen, die hierherkommen – Menschen aus Ländern wie Grossbritannien und der ganzen Welt. Und sie kommen nicht für ein oder zwei Nächte, sie kommen für fünf, sechs, sieben Nächte und wollen etwas Geld ausgeben“, so Colin Reed von den Ryman Hospitality ­Properties, die unter anderem die Bar von Blake Shelton betreuen, in einem Interview mit dem „Tennessean“.

Dass die Bars der Stars landesweite PR bekommen, trägt ebenso dazu bei, dass viele Amerikaner sich auf den Weg nach Nashville machen. Von der Eröffnung des Ole Red im vergangenen Juni berichtete das morgendliche Magazin „Today“ mit einer Liveschaltung sehr ausführlich.

Doch so modern die neuen Bars auch sind – die Hoffnung, von den Stars bedient zu werden, sollte man direkt wieder aufgeben. Dennoch sind die Musiker immer mal wieder zu besonderen Anlässen oder aber für spontane Konzerte persönlich vor Ort. Wer es sich also leisten kann und die Zeit hat, sollte in der Erscheinungswoche der neuen CD seines Lieblingskünstlers vielleicht regelmässig in dessen Bar vorbeischauen.

Eins aber ist mal wieder typisch und ärgerlich zugleich, denn die erfolgreich singenden Damen glänzen bislang mit kompletter Abwesenheit. Wo sind denn die noblen Bars von der erfolgsverwöhnten Carrie Underwood, Klassikerin Reba McEntire sowie der sonst so kreativen Miranda Lambert? Oder von der frischgebackenen Grammy-Preisträgerin Kacey Musgraves?

„Ich denke, die Frauen müssen sich hier mal beteiligen und aktiv werden“, sagte Kelsea Ballerini schon von einigen Monaten in einem Interview. Eine Favoritin nannte die junge Sängerin ebenfalls, indem sie sich auf einen Hit von Martina McBride bezog. „This One’s For The Girls wäre der passende Name – und ein perfekter Ort für Junggesellenabschiede.“ Mit Humor hat Maren Morris das Treiben der Männer beobachtet. „Wenn ich reich bin, werde ich eine Bar eröffnen, die ich My Church nenne. Da wird es dann nur Wein geben …“