Nächster Halt – Vorarlberg und Ostschweiz
Höchste Zeit, dass wir im Geschichtsbuch der heimischen Country-Musik einer Frau begegnen, welche die Szene seit über 30 Jahren nachhaltig mitprägt. Sie ist zwar im Vorarlberg geboren und aufgewachsen, im Rheintaler Städtchen Dornbirn, doch längst wurde die sympathische und stimmgewaltige Sängerin Britta T. zur Wahl-Ostschweizerin – und für unser Land und unsere Musikszene somit zum absoluten Glücksfall.
Als „Country“-Musik in Europa noch nicht in den Cowboystiefeln, sondern in den Kinderschuhen steckte, wurde die damals 18-jährige Britta 1985 Sängerin der österreichischen Combo Long Trail Country Band. Ihre Gesangsstimme war damals bereits geformt durch Erfahrungen aus Klassik, Musicals und allerlei Chören, doch als diese Band sie als Sängerin anheuerte, war das eine perfekte Gelegenheit, in einer bühnenerprobten Formation ihre von Linda Ronstadt, Dolly Parton und den Eagles geweckte Liebe zum Country weiterzuentwickeln. Nach vier intensiven Jahren und unzähligen Konzerten kam 1989 der Moment, ein Ding unter ihrem Namen zu starten. „Die Auftritte mit der Long Trail Country Band wurden mir langsam zu viel, ich wollte eine eigene Karriere.“ Diese Sololaufbahn war auf bestem Weg; nicht zuletzt auch deshalb, weil der Schweizer Übervater John Brack dank dem Tipp seines Schlagzeugers Max Stenz auf die attraktive Sängerin aufmerksam geworden war und begonnen hatte, das junge Talent gezielt zu fördern. Britta T. wurde zu seiner Gastsängerin, absolvierte mit JBs Band bis zu 80 Auftritte im Jahr und durfte 1990 schliesslich ein von Brack produziertes Debütalbum aufnehmen. In Nashville immerhin und für das renommierte Label K-Tel, welches die Platte mit dem Titel „Rainbows“ 1991 in der Schweiz sehr gut verkaufte. Ein buntes Album mit einem ziemlich breiten Stilmix, mit John Brack und Becky Hobbs als Stargästen – die Karriere war lanciert! Die Zeit war ohnehin perfekt dafür; die 90er-Jahre waren für Country das goldene Zeitalter und bescherten Britta grosse Erfolge. Eine gefeierte Tour mit John Brack und Bjoro Haland (Norwegen) 1991, ein spektakulärer Auftritt 1992 beim Baltic Festival in Schweden, der Beginn einer erfolgreichen Zusammenarbeit mit der Nürnberger Band Texas Radio 1993 (mit einem Teil dieser Formation ist sie bis heute live unterwegs), der Gewinn des European Country Music Awards 1997 sowie die Nominierung für den Swiss Country Music Award als beste Sängerin 1998. Im selben Jahr wurde dann auch ihr zweites Album „Knock, knock“, wiederum in Nashville mit den besten Studio-Cracks unter Produzentenführung von John Brack, eingespielt.
Um die Jahrtausendwende veränderte sich das Umfeld in der Musikszene drastisch. Die Nachfrage nach Country-Musik sank hierzulande genauso wie die Konzertgagen, und nicht wenige Festivalveranstalter schlossen für immer die Tore. Doch Britta T. dachte nicht ans Aufgeben; sie suchte erfolgreich nach neuen Möglichkeiten. Ab 2002 zog sie beispielsweise mit dem virtuosen Gitarristen Mandy Oberle (der inzwischen den umgekehrten Weg gegangen und nach Österreich ausgewandert ist) im rock- und bluesgeprägten Projekt Intermezzo feat. Britta T. durchs Land. Zur gleichen Zeit trat sie als Zeus’ Daughters zusammen mit Doris Ackermann auf und ging 2003 erstmals mit Ackermann und Sanna (einer weiteren befreundeten Topsängerin) auf Vorweihnachtstour, um dieses sehr erfolgreiche Projekt mit dem Album „Voices On Fire“ auch auf Tonträger zu bannen. 2006 erschien schliesslich ihre dritte Platte unter eigenem Namen: „Looking Back“, zwar nur eine Art Sampler mit ihren bisher besten Aufnahmen, doch für ihre Präsenz im deutschen Markt (mit deutscher Liveband) war diese Scheibe wichtig, und mit dem fulminanten Bonustrack Stand By Your Man war immerhin ein bisher unveröffentlichter Song auf dem Album. Auch im folgenden jetzigen Jahrzehnt ging die Erfolgsreise weiter; Britta hat die Reservate der Marlboro-Männer längst verlassen und sich auf selbstbewusste Weise einen Platz als reife All-American-Music-Künstlerin erarbeitet. 2012 kam ihr bis heute aktuelles viertes Album „Some Things I Won’t Regret“, ein reifes Zeugnis ihrer Bandbreite und Klasse, eingespielt nicht mehr in Nashville, sondern mit ihrer eigenen Liveband. Zeitgemässe und persönlich geprägte Country-Musik, die den aktuellen Nashville-Sound und verstaubten Südstaaten-Rock vermischt mit europäischem Zeitgeist darstellt – und uns 2013 dazu inspirierte, der herausragenden Sängerin eine umfangreiche Cover-Story zu widmen (Country Style Nr. 44/2013). Hellhörig wurden schliesslich sogar die Amerikaner, denn 2014 – in ihrem 25. Bühnenjubiläumsjahr – gelang Britta der eigentliche Paukenschlag. Sie wurde eingeladen, am Texas Sounds International Country Music Awards Festival in Jefferson, Texas (USA) teilzunehmen und gewann unter acht teilnehmenden Ländern (Kanada, Grossbritannien, Spanien, Schweden, Australien, Schweiz und zwei Staaten der USA) den Titel „Best Female Performer (Vocalist) of the Year 2014“. Hoppla!
Die Reise geht seither weiter; Britta T. hat nicht die geringste Lust aufzuhören und wird immer besser. Ihre grosse Kunst präsentiert sie am liebsten und am überzeugendsten auf der Bühne, wozu ihr denn auch kein Weg zu weit ist. In der ganzen Schweiz ist sie sowieso unterwegs, darüber hinaus aber auch in Ländern wie Österreich, Deutschland, Italien, Frankreich, Dänemark, Schweden oder Irland. Mitgewirkt hat die energiegeladene und zugleich sensible Sängerin zudem bei vielen Radio- und Fernsehshows in Österreich und in der Schweiz. Die persönlichen Highlights ihrer 30-jährigen Karriere sind Bühnenerlebnisse beim St. Galler Open-Air-Festival, beim Country Festival im Hallenstadion Zürich, bei der Country-Night Gstaad, beim Jazz-Festival Fribourg und beim Jazz-Festival Montreux, bei weiteren renommierten Country-Festivals wie Silkeborg, Bad Ischl oder Worb/BE – und wie gesagt natürlich bei der Award-Verleihung in Texas. Wir danken Britta T. für ihr konstant hochkarätiges Wirken und wünschen ihr weiterhin viel Erfolg.