Billy Mata – Big Swingin‘ Tradition

Billy Mata
Mit über 20 Awards unter der Gurtschnalle ist Billy Mata mit seiner Band The Texas Tradition bereits eine Legende in den Genres Western Swing und Traditional Country. 1957 in San Antonio geboren, begann er seine Karriere in den 70er-Jahren als Sänger von damals populären Country-Chart-Hits. Heute gilt er als der Ambassador of Western Swing. Vor seinem Auftritt im Bend General Store nahe dem Colorado Bend State Park sprach ich mit ihm.

Bruno Michel: Als wir uns zuletzt bei den Bob Wills Days in Turkey, Texas trafen, war die Welt noch in Ordnung. Einige Zeit danach stand sie praktisch still wegen eines Virus. Welche Prioritäten hast Du gesetzt, als plötzlich fast alle Auftritte ausfielen? Billy Mata: Es war schwierig für uns. Unser Einkommen brach komplett ein. Wir versuchten, via Facebook live etwas zu kompensieren. Aber meine Bandmitglieder kommen aus Lufkin, Arlington, Victoria und so weiter. Sie hatten einen langen Anfahrtsweg für diese virtuellen Shows und trotzdem nur wenig dabei verdient. Ich habe viel von meinem Ersparten eingesetzt, um mein neues Album zu produzieren, das im November erscheinen soll. Geld, das normalerweise durch unsere vielen Auftritte reingekommen wäre. Als die Restriktionen gelockert wurden, war es anfangs auch nicht besser. Nur 25 Prozent der Kapazität zu nutzen bringt niemandem etwas. Mit 50 Prozent konnte man vielleicht wenigstens ein paar Rechnungen bezahlen. Es wurde klar, dass Politiker keine Business-Fachleute sind.

Seit Deinem dritten Album von 1998 Keepin’ The Tradition – A Tribute To My Heroes“ bestehst Du darauf, Deine Aufnahmen mit Deiner Band zu machen statt mit Studiomusikern. Was sind die Vorteile? Die Erfahrung und das perfekte Zusammenspiel. Viele Bands schicken dem Veranstalter eine ihrer CDs, die sie in Nashville oder sonst wo mit Studiomusikern aufgenommen haben. Wenn sie dann gebucht werden, stellt sich heraus, dass sie live nicht mal entfernt nach dem klingen, was auf der CD zu hören war. Ich will die gleiche Qualität auf CDs, die wir auf der Bühne bieten. Deshalb produziere ich auch alle Aufnahmen selbst.

Mehr als 20 Awards hast Du mit Deiner Band schon eingeheimst. Was bedeuten Auszeichnungen für Dich und gibt es einen Award, den Du gern noch gewinnen würdest? Es ist eine Ehre, Auszeichnungen zu gewinnen, sei es vom Publikum oder von der Musikindustrie. Ich glaube, ich muss bezüglich Awards nichts mehr erreichen. Die höchste Auszeichnung für mich ist, dass ich weiterhin meine Musik für die Fans spielen darf, dass sie nie enttäuscht sind nach meiner Show und ich erst noch davon leben kann.

Viele der legendären Western Swing-Pioniere sind nicht mehr unter uns. Zuletzt verloren wir Leon Rausch im Mai 2019. Du hast mit dem Projekt „This Is Tommy Duncan“ eine Trilogie geschaffen mit dem Ziel, den Musikstil dieser Legenden an neue Generationen weiterzugeben. Gibt es nach Teil drei noch weitere Zugaben, wie zum Beispiel ein Buch? Das war ein Projekt, das mir sehr am Herzen lag. Ich hätte weit mehr Geld verdienen können, wenn ich einfach normale neue Alben produziert hätte. Müsste ich das noch mal machen, wäre erst mal ein Lottogewinn angesagt. Zehn Jahre habe ich gebraucht, um alle drei Alben fertigzustellen. Ein Projekt, das ich mit Jason Roberts diskutiert habe (Red: Ex-Fiddler von Asleep At The Wheel und Grammy-Award-Gewinner), wäre, eine Art Theatershow zu kreieren über die Jahre, wo Bob Wills und Tommy Duncan nach der Trennung wieder zusammen auftraten. So ähnlich wie es ­Asleep At The Wheel mit dem Projekt „Ride With Bob“ gemacht haben. Der Titel des Theaterstücks wäre „Together Again“ nach dem gleichnamigen Album von Bob und Tommy von 1960. Hey, Leute, bitte klaut meine Idee nicht, nachdem Ihr das gelesen habt (lacht).

Tommy Duncan war ein wichtiger Teil jedes einzelnen Hits von Bob Wills, mit Ausnahme von Faded Love. Während Bob Wills seit 1968 in der Country Music Hall of Fame ist, blieb Tommy Duncan diese Ehre bisher verwehrt. Warum, glaubst Du, ist er nicht ebenfalls ein Mitglied? Wenige Leute wissen, dass Tommy hinter all diesen Hits von Bob Wills stand. Deshalb hat er auch nicht die Ehrungen erhalten, die Bob zuteil wurden. Er war aber die treibende Kraft hinter all diesen Hits. Eigentlich schade, dass er nicht dabei ist. Ich habe Leute wie Mel Tillis, Johnny Bush oder Ray Price die gleiche Frage gestellt. Sie alle wurden von Tommys Art zu singen beeinflusst. Aber auch sie hatten keine Erklärung, warum er nicht in der Hall of Fame ist. Das war ein weiterer Grund, warum ich die Trilogie gemacht habe. Je mehr Leute Tommys Musik kennen, desto grösser wird die Chance, dass er eines Tages doch noch aufgenommen wird.

Zurück zu Dir und Deiner Karriere. Du hast mit so ziemlich allen Stars des Genres zusammen gespielt. Gibt es eine oder einen, mit denen Du gern noch auf der Bühne stehen möchtest, bevor er oder sie sich zurückzieht oder uns für immer verlässt? Leider muss ich sagen, dass viele meiner Helden die Bühne des Lebens bereits verlassen haben. Aber ich hatte auch die Ehre, mit fast allen schon zusammen zu spielen, von Leon Rausch und Johnny Bush bis zu Curtis Potter oder Ray Price. Also, wenn ich einen nennen muss, dann ist es Tony Bennett (Red.: 95 Jahre alt, tritt immer noch ab und zu auf). Ich verdiene zwar meiner Meinung nach diese Ehre nicht, aber er ist einer meiner Lieblingssänger. Ansonsten freue ich mich einfach, mit jedem aufzutreten, der mich gern mit auf der Bühne haben will.

Du singst nicht nur bekannte Western Swing-Songs, sondern schreibst auch selbst Lieder wie Tally Ho oder I’m Goin’ Back To San Antonio. Wie funktioniert das bei Dir? Melodie oder Text zuerst? Beide habe ich übrigens in der gleichen Nacht geschrieben. Ich ging gerade durch eine Scheidung, so entstand Tally Ho (Red.: altenglischer Ausdruck, um Jagdhunde wegzuschicken). So nach dem Motto: Es reicht, ich habe genug, hau ab. Es war eine lange Nacht, und ich wollte nicht ins heulende Elend verfallen, also schrieb ich auch gleich den zweiten Song. Ich stamme ja aus San Antonio und dachte mir, dass ich dort sicher wieder eine Partnerin finden würde (singt einen Teil des Titels). Ich bezeichne mich aber nicht wirklich als Songwriter, dazu sind meine Lieder zu simpel. Einer meiner besten Freunde schreibt für mich. Ich bringe die Idee für einen Song-titel ins Spiel, und er baut daraus brauchbares Liedermaterial. Also überlasse ich das Songschreiben lieber den Experten (lacht).

Jetzt kehren die Veranstalter hier in Texas wieder zum „Normal“-Status zurück, und Dein Tourkalender ist voll. Ich bin knapp über dem AHV-Alter  und suche immer nach Quellen von Energie, um alle meine Aufgaben zu bewältigen. Du bist knapp darunter. Wie stellst Du sicher, dass Deine Batterien immer genügend aufgeladen sind? Oh Mann, auch ich merke langsam, dass ich älter werde. Zum Glück bearbeitet meine Frau Donna Sue alle Anfragen und bucht meine Auftritte. Viele Musiker versuchen nun, mit aller Kraft wieder Auftritte zu bekommen. Ich will mich aber nicht anbiedern. Wenn ich nur zwei gut bezahlte Auftritte im Monat haben kann, dann ist das eben so. Daneben suche ich mir jene Gigs aus, die mir und meiner Band auch Spass machen. Somit stelle ich sicher, dass ich meine Energie dort einsetze, wo wir alle etwas davon haben.

Auf welches Projekt können sich Deine Fans als Nächstes freuen? Die Masters für ein neues Album sind fertig. Es wird noch ein bis zwei Monate dauern. Der Titel wird „Cowboys And Crooners And Troubadours“ sein, sprich, es wird Cowboysongs, Traditional Country und Big Band-/Western Swing-Lieder beinhalten. An alle Fans meiner Musik: Hier kommt ein ideales Weihnachtsgeschenk (lacht).

Was würde Billy Mata heute machen, wäre er nicht der Ambassador of Western Swing? Ich nehme an, Du wärst ein bekannter Hutmacher – aber halt: Das bist Du ja bereits. Also, was würdest Du machen? Vielleicht schon Hutmacher. Nicht mit eigenem Laden, weil das ein aussterbendes Handwerk ist. Nebenbei arbeite ich ja immer noch bei Paris Hatters, einem Geschäft, das seit 104 Jahren qualitativ hochstehende Cowboyhüte anfertigt. Die Originalwerkzeuge die wir brauchen, werden heute gar nicht mehr hergestellt. Aber das wäre wohl mein Hauptberuf.

Welche Frage würdest Du Billy Mata in einem Interview stellen, die ich nicht gestellt habe? Vielleicht: Was hättest Du im Leben anders gemacht? Die Antwort: Ich wünschte mir, ich hätte meinen eigenen Weg früher gefunden, anstatt damalige Ratschläge zu befolgen. Viele rieten mir anfangs, einfach Coversongs zu singen. Es dauerte fast 20 Jahre, bis ich meinen eigenen Stil entwickelte.

Vielen Dank für das Gespräch und happy trails to you.

Billy Mata