Vorbilder und Freunde sind wichtig. Im Leben von Musikern spielen sie nicht selten ganz zentrale Rollen. Erstere sind nicht selten Inspirationsquellen oder sogar Anstoss für Künstlerkarrieren, und von Letzteren kann man nicht genug haben, wenn man sich für diesen Lebensweg entscheidet. Das ist auch bei Buddy Dee nicht anders, der dieses Jahr bereits sein 35-jähriges Bühnenjubiläum feiert und noch keinen Gedanken ans Aufhören verschwendet.
„Man kann nicht alles allein machen. Ohne Freunde, Inspiratoren und Sponsoren wäre die Arbeit undenkbar“, sinnierte der Prix-Walo-Preisträger von 2015 Anfang dieses Jahres bei der Talk-Veranstaltung „Ganz unger üs“ in Grenchen. Kaum überraschend also, dass Vorbilder und wichtige Weggefährten auch ein beherrschendes Thema waren im Gespräch mit Country Style kürzlich.
Buddy Dee, der mit bürgerlichem Namen Beat Dauwalder heisst und seit Langem eines der bekanntesten Aushängeschilder der Schweizer Country-Szene ist, sieht seine musikalischen Wurzeln im Rock ’n’ Roll, insbesondere in dessen Spielart Rockabilly. Jenem Mix aus Rock ’n’ Roll und weiteren Einflüssen aus Country, Gospel und Rhythm & Blues, mit dem beispielsweise der 1959 bei einem Flugzeugabsturz mit nur 22 Jahren viel zu früh verstorbene Buddy Holly später in den 60er-Jahren zu einem wichtigen Vorbild für viele stilbildende Musikgrössen werden sollte. Darunter Bob Dylan oder die Beatles. Trotz gleichen Künstlervornamens war es bei Buddy Dee aber Elvis Presley, der ihn in seiner Schulzeit am meisten beeindruckte und faszinierte: „Seit der vierten Klasse war Elvis das Höchste für mich.“ Später kam noch Johnny Cash dazu, dessen prägnanter „Boom-Chicka-Boom“-Stil ebenfalls eine Interpretation des Rock ’n’ Roll war. „Das war das, was ich auch gerne machte“, ist seine so einfache wie einleuchtende Erklärung im Rückblick. Seine musikalische Vorliebe spiegelte sich in seiner Teenagerzeit auch in der äusseren Erscheinung wider: Die Hosen waren eng, das Schuhwerk war spitz und das Haar mit Brylcreem, dem klassischen und etwas schmierigeren Vorgänger heutiger Stylinggels, in Form gebracht.
Wem beim Anblick von Buddy Dee heute aber ein ganz anderer, ebenfalls stilbildender Country-Star als Inspirationsquelle einfiele, läge mit Dwight Yoakam keineswegs daneben. Auf den ersten Blick könnte man den Seeländer für den hiesigen Botschafter Yoakams halten. Dabei waren die Ähnlichkeiten ursprünglich rein zufällig. Am Anfang, als Buddy Dee begann, Musik zu machen, trug er bei seinen Auftritten natürlich auch weiterhin die engen Jeans aus Teenagertagen, spitze Cowboystiefel sowieso und nicht selten eine kurze Fransenjacke aus Wildleder dazu. Eigentlich durchaus gängige Berufskleidung in seinem Fach zu jener Zeit. Damals hatte er von Dwight Yoakam, der sich weit weg von Nashville an der US-Westküste anschickte, nur ein paar Jahre später der Country-Musik seinen Stempel aufzudrücken, noch nie etwas gehört. Es war 1984 oder 1985 gewesen, als ihm ein Bekannter eine Musikkassette der ursprünglich sechs Lieder umfassenden EP von „Guitars, Cadillacs etc. etc.“ in die Hand drückte und meinte, da habe einer in Kanada eine Platte herausgebracht, und er solle sich das mal anhören. Obwohl damals noch kaum ein Hahn, geschweige denn ein grosses Plattenlabel danach krähte, dämmerte es ihm augenblicklich: „Das ist genau der Sound. Das ist mein Sound. Das ist das, was mir so gefällt. Darin konnte ich beide erkennen – Elvis und Cash. Als ich dann später noch sah, wie der Typ, der diese Musik machte, ausschaute, hatte ich das nächste Aha-Erlebnis“, erinnert sich Buddy Dee an den Moment, als er das erste Mal von Dwight Yoakam hörte. Heute spielt er natürlich schon bewusst mit der Ähnlichkeit zum Vorbild bei den Äusserlichkeiten, aber damals war es der pure Zufall gewesen, dass er überhaupt auf ihn aufmerksam wurde.
Freundschaften und alles, was sogar noch darüber hinausgeht, sind im Showgeschäft ein ganz heikles Terrain, aber es gibt sie. Zwischen Buddy Dee und seiner Band, den gegenwärtigen The Ghostriders, sind über viele Jahre echte, tragfähige freundschaftliche Bande gewachsen. Man ist auf derselben Wellenlänge. Das zeigt sich besonders, wenn es darum geht, neue Lieder ins Repertoire aufzunehmen und einzuspielen: „Da hat in der Regel jeder gleich von Anfang an Ideen und bringt sich ein, wenn wir proben. Weil bis auf Weiteres kein Albumprojekt geplant ist, sind es derzeit vor allem Coversongs an denen wir arbeiten. An mir liegt es, die Vorschläge zu machen, aber dann entsteht eigentlich automatisch eine Gruppendynamik, wie man es umsetzen könnte, damit eine interessante neue Version aus etwas, wenn möglich, weniger Bekanntem entstehen könnte. So entstehen pro Jahr etwa sechs neue Songs, die dann ins Repertoire kommen.“
Dass aus ihrer Beziehung im Laufe der Zeit Freundschaft entstehen würde, war keineswegs ein Selbstläufer, stand für ihn doch bei der Formation der Band jeweils vor allem das Musikalische im Vordergrund: „Ich habe sie ja dementsprechend zusammengestellt. Nicht ohne Grund gibt es bei den Ghostriders noch einen Kontrabass. Bassist Pädu (Patric) Büttikofer kommt ja eigentlich aus dem Rock ’n’ Roll – der Rockabilly-Szene. Bero (Herzig) ist ein Rock-Drummer, und Steve Vogt ist ursprünglich ein Southern-Rocker. Pädu und Bero sind seit 2006 an Bord, und Steve feiert heuer sogar das 25-jährige Bandjubiläum mit mir.“ Wer, wie diese Truppe bei den Aufnahmen zum Album „Back In Town“ (2009), schon einmal fast zwei Wochen im Luzerner Studio „Soundville“ mit Schlafsack, Sandwiches und Fertigsalat vom Bahnhofsshop praktisch unter dem Mischpult gehaust hat und danach immer noch zusammen ist, der kennt und schätzt sich.
Seine zweite musikalische Heimat ist die hiesige Country-Supergruppe Swiss Highwaymen. In die von Szene-Urgestein George Hug 2013 ins Leben gerufene Formation aus namhaften Schweizer Country-Stars bringt er das Rockabilly-Element in deren Honkytonk-Programm ein. Supergruppen sind in erster Linie Interessengemeinschaften, aber durch die überschaubare Grösse der Szene hierzulande, wo man sich seit vielen Jahren kennt und schätzt, darf man in diesem Fall von durchaus freundschaftlichen Beziehungen sprechen. Allerdings auf einer anderen Ebene als bei der eigenen Band.
Wichtige Persönlichkeiten in seiner langen Karriere waren auf der künstlerischen Seite die 2006 verstorbene Lichtgestalt der Schweizer Country-Szene, John Brack, und auf der kommerziellen der Zürcher Impressario Albi Matter. Sie trugen, jeder auf seine Art und seiner Agenda folgend, wesentlich zur Entwicklung Buddy Dees bei. Bei Brack lernte er, wie man in Nashville ein Album mit dortigen Studiomusikern produziert, das hohen Ansprüchen genügt, was im Endeffekt auch dem Ansehen der hiesigen Szene zugutekam. Unter den Managementfittichen von Matter wurde er auf Bühnenreife in allen Lagen gedrillt. Bleibenden Eindruck hinterliess Matters Rat: „Du musst auf der Bühne so aussehen, dass die im Publikum denken: ‚So würde ich auch gern herumlaufen, bloss traue ich mich nicht‘.“ Ganz unzufrieden, wie er den Ratschlag umsetzte, scheint der Promoter mit seinem ehemaligen Schützling nicht zu sein, gehört Buddy Dee doch bis heute zu den Acts, die im Programm des internationalen Zürcher Country-Festivals im Albisgütli einen festen Platz haben. Die Einflüsse dieser beiden Mentoren in der frühen Phase seiner Karriere waren prägend, wenngleich er sich mittlerweile natürlich auch selbst weiterentwickelt hat. Die verbreitete Mär über sein „lähmendes“ Lampenfieber, beispielsweise, ist an den Haaren herbeigezogen. Tatsache ist, dass er vor einem Auftritt wohl Nervosität verspürt, ob auch alle Auftrittsvorbereitungen richtig und pünktlich ablaufen – welchem Verantwortlichen ginge das anders? Einmal im Rampenlicht, gibt es dann aber keinen Grund mehr, nervös zu sein.
Gelassen und freudig sieht er auch dem offiziellen Jubiläumsanlass entgegen, der am 23. November 2019 auf der Ranch (Restaurant Ranch) in Biel-Orpund über die Bühne gehen wird. Dem Ausgangspunkt seiner Bühnenkarriere. Zweifellos wird das dann ein Abend mit und unter Freunden sowie mit Musik von den Vorbildern.
„Deine Helden helfen dir das Gute in dir zu finden, deine Freunde werden dich nie verlassen. Sie stehen zu dir durch dick und dünn…“
(Randy Travis, Heroes & Friends, 1990)