Sein Song Born Down In Texas beschreibt deutlich, was der Songwriter Dallas Burrow nach all seinen Reisen im Sinn hat. „I was born down in Texas, that’s where they’ll bury me.“ Hier geboren, hier will er sterben. Die Musikgene hat er vom Vater geerbt, der ein enger Freund von Townes Van Zandt war und ebenfalls von Guy Clark. Dementsprechend liegt auch Dallas’ Musik im Folk- und Americana-Genre. Seine CD-Promo-Tour brachte ihn in den Saxon Pub in Austin, wo ich mehr von ihm wissen wollte.
Bruno Michel: Dallas, Du hast in Kalifornien, New Orleans, Tennessee und auch eine Zeit lang in Ungarn gelebt. Was brachte Dich dazu, nach Texas zurückzukehren? Dallas Burrow: Hier bin ich aufgewachsen, das ist meine Heimat. Wo immer ich mich gerade niederliess, Texas war in meinem Hinterkopf. Als ich Vater wurde, war es klar für mich, dass ich meinen Sohn hier in Texas grossziehen wollte.
Apropos Sohn: In Deinem Lied My Father’s Son singst Du über Deine Grosseltern, Deine Eltern, Deine eigene Beziehung und Deinen Sohn. Eine grossartige Geschichte. Was bedeutet Familie für Dich, auch wenn Beziehungen sich manchmal nicht wie geplant entwickeln? Nun, das Leben legt Dir manchmal Steine in den Weg. Aber egal, wie es endet, die Familie ist immer für Dich da. Für mich bedeutet Familie alles. Mein Grossvater, den ich leider nie selbst kennengelernt habe, war ein Veteran des Zweiten Weltkriegs und hielt die Familientradition hoch. Mein Vater erzählte mir viele Geschichten über ihn. Die haben mich inspiriert und geprägt. Darum habe ich meinem Sohn auch die Vornamen meines Grossvaters gegeben. Er soll einen Sinn entwickeln für Tradition und die wirklich wichtigen Dinge im Leben. In meinen Liedern will ich quasi unsere Familiengeschichte konservieren.
Bruce Robison, der Deine neuste CD produziert hat, meinte, er liebe es, dass Deine Songs immer im Vordergrund stehen bei allem, was Du machst. Wie funktioniert das Liederschreiben bei Dir? Melodie zuerst oder eher der Text? Es ist unterschiedlich. Manchmal beginne ich mit dem Gitarrensound. Dann suche ich nach passenden Geschichten. Oder der Text steht zuerst, und ich baue eine Melodie drum herum. Aber egal, was zuerst kommt, ich versuche immer, echte Geschichten aus meinem Leben zu beschreiben.
Bist Du einer von den Songwritern, die morgens um drei Uhr aufwachen und unbedingt eine Songidee niederschreiben müssen? Ist mir schon ein paarmal passiert. Dann muss ich zur Gitarre greifen und die Idee in eine Melodie verpacken. Dabei versuche ich, meine Familie nicht aufzuwecken.
14 Lieder sind auf Deiner neuen selbst betitelten CD. Wie hast Du die ausgewählt? Ich bin sicher, da gab es viele mehr, die infrage gekommen wären. Ich brachte viele Songs mit zu den Treffen mit Bruce Robison. Von einigen dachte ich, dass er sie bestimmt mag. Entgegen meinen Erwartungen mochte er einige dieser Lieder gar nicht so sehr. Dafür bevorzugte er andere Songs oder ermunterte mich, neues Material zu schreiben über Themen, die wir bei unseren Treffen diskutierten. Letztlich schafften es einige dieser neuen Titel auf die CD.
Wie kam es überhaupt dazu, dass Bruce Dein Produzent wurde? Ich war in Colorado, um einige Shows mit meinem Freund Charley Crockett zu spielen. Dort hat Charley mich seinem Manager, Bruce, vorgestellt.
Du und Charley, Ihr habt ziemlich unterschiedliche Stile. Er ist mehr der Traditionalist, während ich Dich eher im Folk/Americana-Lager sehe. Wir kennen uns seit Langem. Du hast recht die musikalische Ausrichtung betreffend. Aber was uns verbindet, ist die gemeinsame Liebe für Blues-Songs. Ich habe im Verlauf meiner Karriere vermehrt Respekt für die traditionelle Country-Musik entwickelt. Aber ich sehe kaum ein Genre, dass so vielseitig ist wie Folk/Americana. Da kann ich mich momentan am besten entfalten.
Viele Deiner Lieder beschreiben die Erinnerungen, aber auch die Rückschläge in Deinem Leben. Ist es einfacher für Dich, wahre Geschichten zu schreiben oder eher erfundene? Es liegt in meiner Natur, wahre Geschichten zu schreiben. Das fällt mir leichter, als lange an einer erfundenen Story zu arbeiten. Zudem glaube ich, dass es hilft, dein Publikum miteinzubeziehen, indem du über dein eigenes Leben, deine Probleme oder deine Emotionen singst. Es ist, als ob du einen Teil deiner Seele dem Publikum offenlegst. Klar habe ich auch Lieder im Programm, die komplett erfundene Geschichten erzählen, aber es sind wenige.
Du hast mal gesagt, dass Du das Unbekannte und die Mysterien, welche die Zukunft bereithält, magst. Heisst das, dass Du keinen Plan hast, wohin Dich Dein Leben in den nächsten zehn oder 20 Jahren führen soll? Ich habe durchaus Pläne. Meine Aussage bezog sich auf die Frage, ob ich wissen wolle, was die Zukunft für mich bereithalte. Worauf ich meinte, dass ich das Unbekannte und Mysteriöse bevorzuge, weil sowieso keiner weiss, wie es kommt. Ich habe vor, mich weiterzuentwickeln, sowohl als Sänger als auch als Liedermacher. Das wird hoffentlich dazu führen, dass ich meine Fangemeinde erweitern und somit auch irgendwann bei grösseren Anlässen auftreten kann.
Wer weiss, vielleicht lässt Dich die Zukunft irgendwann auf einer einsamen Insel stranden, wo sich ausser Dir kein Mensch befindet. Welche drei Dinge würdest Du in einem solchen Fall unbedingt dabeihaben wollen? (denkt lange nach) Eine Gitarre, ein Girl und eine Bibel.
Ok., ich dachte, der Kugelschreiber und Notizblock kämen auch in die Auswahl, aber Deine drei Dinge reichen ja durchaus (Gelächter). Nächste Frage: Mit welcher Legende würdest Du gern mal die Bühne teilen, bevor diese entweder von uns geht oder sich zurückzieht? Bob Dylan oder Willie Nelson wären schon cool. Wir verloren in den letzten Jahren so viele grossartige Künstler, wie gerade Charlie Watts (Red.: der Rolling-Stones-Drummer verstarb am Tag unseres Interviews im Alter von 80 Jahren). Ich besuchte 2006 zusammen mit meinem Vater und einigen Freunden ein Konzert der Stones hier im Zilker Park in Austin. Mein Vater meinte zu einem meiner Freunde, der heute mein Schlagzeuger ist: „Mann, Charlie Watts steht wieder mal in Flammen.“ Und das stimmte, Charlie war grossartig, genau so wie die ganze Band.
Letzte Frage: Welche Frage stellst Du Dallas Burrow in einem Interview, die ich nicht gestellt habe? Hm, da muss ich überlegen. Schwierige, aber gute Frage. Vielleicht ist das eine etwas zufällige Antwort, aber ich würde mich fragen, was mein Lieblingsalbum sei. Und bis zum heutigen Tag ist es das Debütalbum von Willis Alan Ramsey, das 1972 erschien. Es kam mir gerade in den Sinn, als ich da oben an der Wand sein Foto entdeckt habe. (Red.: Wir sprachen im Hinterzimmer des Saxon Pub, wo einige Fotos aus vergangenen Tagen hängen.) Dieses Album hat mich und meinen Musikstil stark beeinflusst.
Vielen Dank für das Gespräch und viel Erfolg mit dem neuen Album.
Weitere Informationen und Musik auf www.dallasburrow.com.