Starkstrom Herausforderer

Den GT erkennt man an grösseren Kühlöffnungen. (Bild: Jürg Wick)
Den GT erkennt man an grösseren Kühlöffnungen. (Bild: Jürg Wick)
Muscle Car gegen Muskl Cars. Der leistungsstärkste elektrische Ford Mustang trägt das Kürzel GT auf dem Kofferdeckel und zielt damit auf Tesla – insbesondere das Modell Y Dual Power. Erlebt der Tesla dabei eventuell sein blaues Wunder?

Der Tesla-Gründer Elon Musk gilt als mutiger Pionier. Er schob die Elektromobilität richtig an. Mit freundlicher Unterstützung des Volkswagen-Konzerns, der dank „Dieselgate“ sämtliche Politiker der westlichen Welt gegen den Verbrennungsmotor aufgebracht hat. Bereits in den 90er-Jahren gab es Elektropioniere; alle versuchten mit Kleinstwagen die Automobilisten vom Elektroantrieb zu überzeugen, womit alle Anbieter desaströs scheiterten. Musk brachte 2008 mit seinem Roadster erstmals ein „richtiges“ Auto auf den Markt. Eines, das fahrleistungsmässig viele Sportwagen alt aussehen liess. Die Fortsetzung folgte mit dem ausgewachsenen Model S, das die Latte für die möglichen Verfolger nochmals höher legte und insbesondere die deutschen Hersteller gehörig ärgerte, um nicht zu sagen frustrierte. Folgerichtig stiegen die Edelmarken „von oben“ in die Elektromobilität ein und drückten ihre Elektrischen ebenfalls mit überirdischen Leistungen in den Handel. Mit dem erwartbaren Erfolg. Ergo ist es dank Musk zu einer Entwicklung gekommen, die zumindest den Grünen keine Freude macht: die Geister, die man rief …

Powermodell

Selbst die Ford Motor Company, seit Henry dem Ersten explizit dem normalen Volk verpflichtet, wollte oder konnte sich dieser Entwicklung nicht entziehen und offeriert das erste rein elektrische US-Auto, nicht zufällig Mustang Mach-e genannt und ab 57.900,– Franken erhältlich, auch in einer bärenstarker GT-Version, die den Sprint von 0 auf 100 km/h in 4,4 Sekunden erledigt und erst bei 200 km/h statt bei 180 abgeregelt wird. Wobei imponierend insbesondere die rund 50 Prozent mehr Drehmoment einfahren. Der kürzlich an dieser Stelle beschriebene Mustang Shelby GT 500 mit V8/Kompressor bringt es auf 842 Newtonmeter bei 5.000 Touren, der Mach-e GT erreicht seine 860 Newtonmeter aus dem Stand! Das GT-Leistungspaket mündet in Verbindung mit ein paar weiteren Goodies in einen Mehrpreis von rund 8.600 Franken im Vergleich zum Allradmodell mit 351 PS (Country Style 131 vom Oktober 2021).

Bleibt günstig

Das kann man als happig einstufen, im Konkurrenzvergleich bleibt dieser Ford aber preisgünstig. Und wird als GT zum echten Mustang. Nicht bloss wegen der Power, sondern weil er sich dank gekonnter Fahrwerksabstimmung beinahe wie ein waschechter Hecktriebler um die Ecken treiben lässt. Trotz Allradantrieb lässt er sogar Drifts zu, sofern man sich getraut. Diesem Fun-Potenzial steht neben dem fehlenden Strassenraum hierzulande das wenig kommunikative Lenkfeeling etwas im Weg. Digital lässt sich über den Touchscreen sogar virtuelle V8-Musik abrufen. Lassen wir es dabei, dass man im GT könnte, wenn man wollte, und gleiten elektrisch dahin. Ist auch besser so, denn unter Volllast schmilzt die Reichweite bei Elektrofahrzeugen wie der Lindt-Osterhase in der Frühjahrsonne. Kritik erntet, überraschend bei einem Ford, auch der Fahrkomfort, der elektrische Mustang holpert in der GT-Version trotz Magnetic-Ride-Dämpfern über kurze Unebenheiten, „sportlich“ und „elektrisch“ vertragen sich wegen des hohen Gewichts nicht optimal.

Es bleibt, auf das sehr konkurrenzfähige Gesamtkonzept des Mustang Mach-e hinzuweisen: gutes Raumangebot, praxisgerechtes Ablagekonzept, dank AWD gut ausbalancierte Traktion, sehr angenehmer Autobahngleiter, komplette Ausstattung inklusive Panoramadach. Die Bedienungsstruktur ist dem Tesla überlegen, trotzdem sollte man daran noch arbeiten. Auch im Mustang Mach-e läuft zu viel ausschliesslich über den mittigen Touchscreen; das Ablenkungspotenzial ist hoch.

Weil Musk trotz seiner subventionierten Überkapazitäten seine Autos nicht mehr so leicht los wird, sondern in den Markt drücken muss, hat er die Tesla-Preise massiv gesenkt. Die Konkurrenz hat schon oder wird reagieren.