Mit Songs wie Una Mas Cerveza (Tommy Alverson) oder All Bucked Up (Ed Burleson) erobern die zwei Freunde seit vielen Jahren die Herzen der Texas-Music-Fans. Sie sind nicht nur seit Jahrzehnten in den Honkytonks von Texas anzutreffen, sondern feiern auch seit rund 30 Jahren ihren gemeinsamen Geburtstag mit einer Riesenparty für Fans und Freunde. Anfang Juni war es daher Zeit, nach Plano in Nordtexas zu fahren, um einen Sonntagnachmittag der Extraklasse zu geniessen.
Bruno Michel: Eine Gemeinsamkeit ist, dass Ihr beide pure Country-Musik liebt. Eine weitere ist Euer Geburtstag am selben Tag. Was für andere Gründe gab es, diesen Tag gemeinsam zu feiern seit bald 30 Jahren? Tommy Alverson (TA): Nun, vor 29 Jahren meinte John Bailey, der Besitzer der Three Teardrops Tavern in Irving Texas: „Hey, Ihr habt am gleichen Tag Geburtstag. Warum feiern wir das nicht mit einer Party hier?“ Und wir machten das seither jedes Jahr. Ich kann kaum glauben, dass es schon so lange her ist.
Ed Burleson (EB): Stimmt. Ich erinnere mich an diesen Songwriter-Contest im Three Teardrops, wo ich teilnahm und danach regelmässig dort auftreten durfte. Das erste Mal war ich dort, um Tommy zu sehen. Wir wurden gute Freunde – und here we are.
Was hat Euch dazu bewogen, diesen Anlass zu einem festen Bestandteil des Musikkalenders in Texas zu machen? TA: Es war einfach jedes Mal eine Riesenparty, und immer mehr Leute kamen von überallher, um mit uns zu feiern. Spass an der Freude ist wohl der Hauptgrund. Jeder von uns spielt sein Set (Red.: Set hier in Texas heisst 90 bis 120 Minuten), und natürlich bringen wir auch ein paar Songs gemeinsam.
Was kommt Euch als Erstes in den Sinn, wenn Ihr Euren Geburtstagskumpel beschreiben sollt? TA (lacht): Ein guter Freund und Kumpel. Ed war ja noch ein Teenager, als er anfing. Aber ein ziemlich wilder. Er hat, genau wie ich, eine treue Fanbasis, die immer wieder zu seinen Konzerten kommt. Ed ist Country durch und durch, und ich habe sogar eines seiner Alben produziert.
EB: Wenn du Texas Music Heroes aufzählen musst, kommt Tommy Alverson als einer der ersten Namen in den letzten 30 Jahren. Er ist einer meiner besten Freunde, und ich bin stolz darauf.
Ihr schreibt beide exzellente echte Texas-Music-Lieder. Welchen Song Eures Kumpels mögt Ihr am liebsten? TA: Ich mag Staring Out The Window am liebsten. Zudem hat Ed einige Covers aufgenommen, die ich liebe, zum Beispiel von Clay Blaker oder Jim Lauderdale. Bei vielen seiner Songs habe ich mitgespielt.
EB: Komisch, dass Du diesen Song erwähnst. Den habe ich in ein paar Minuten geschrieben und trotzdem ist es der am meisten gewünschte Titel bei meinen Auftritten. Ich weiss nicht, ob dieser hier mein Lieblingssong von Dir ist, aber er ist sicher in den Top Five meiner liebsten: I Can’t Help Myself Darling. Ich mag diesen Titel so sehr, dass ich ihn selbst aufgenommen habe.
Die Country-Radiostationen haben ihr Format massiv geändert seit Euren Anfangszeiten. Es scheint heute wichtiger, mit dem Strom zu schwimmen, als zu seinen Wurzeln zu stehen. Was bräuchte es, damit Eure Musik wieder im Mainstream-Radio gespielt wird? TA: Das ist die Millionen-Dollar-Frage. Hier wird das, ausser bei einigen Spartenradios, wohl nicht passieren. Anders in Europa, wo traditionalle Country-Musik immer noch sehr hohes Ansehen geniesst. Als ich beim Festival in Craponne (Frankreich) gespielt habe, waren da an einem Sonntagnachmittag Tausende Fans aus allen möglichen Ländern, die meine Songs mitsangen und T-Shirts von mir trugen. Ich mache einfach weiter wie bisher. Versuch nicht, einen Teenager der 60er-Jahre auf seine alten Tage noch ändern zu wollen.
EB: Richtig. Auch ich war nie mainstreamtauglich. Einer meiner Songs, Clinging To You, den ich mit Doug Sahm zusammen schrieb, schaffte es bis auf Platz 46. Aber sonst stimme ich mit Tommy überein und mache einfach weiter meine Sache.
Ed, Du warst ein erfolgreicher Rodeo-Reiter vor Deiner Knieverletzung, und Tommy, Du hast für Miller Beer gearbeitet, bevor Ihr beide professionelle Musiker wurdet. Was wäre Euer Job heute, wenn Ihr nicht im Musikgeschäft wärt? EB: Wohl das, was ich mache, wenn ich nicht spiele. Ich bin ein Hansdampf in allen Gassen, wie man sagt. Von Maler bis Bodenleger oder Hersteller von Lederwaren. Leider zwang mich die Verletzung, meine Rodeo-Karriere aufzugeben. Oder vielleicht zum Glück, denn sonst wäre ich wohl nie Musiker geworden.
TA: Ich würde wohl als Walmart Greeter eine gute Figur machen (lacht) (Red.: zumeist ältere Angestellte, die Kunden am Eingang von Walmart begrüssen). Nein, ernsthaft, ich habe 30 Jahre lang für Miller Beer gearbeitet. Seit ich im Musikgeschäft bin, liebe ich es, nachts zu arbeiten und morgens lange zu schlafen. Zu mehr tauge ich, glaube ich, nicht mehr.
Wir schreiben das Jahr 2043. Es ist euer 50. Birthday Bash. Ed, Du bist 74, Tommy, Du bist 91 Jahre alt. Wie, glaubt Ihr, wird diese Feier abgehen? TA (lacht): Dann bin ich wohl entweder pensioniert oder sie müssen mich auf die Bühne schleppen oder im Rollstuhl die Rampe hochschieben.
EB: Das dauert noch eine Weile. Mal sehen, wie es uns dann geht. Never say never (lacht).
Zurück zu einem ernsthafteren Thema. Was können Eure Fans betreffend neuer Musikprojekte erwarten? TA: Gut, dass Du fragst. Ich habe gerade eine Show in Galveston aufgenommen. Nur ich und meine Gitarre. Es wird ein akustisches Projekt. Die Masters sind fertig, und ich hoffe, dass ich es beim kommenden Family Gathering vorstellen kann (Red.: Anfang Oktober wird hier „25 Jahre Tommy Alverson’s Texas Music Family Gathering“ gefeiert).
EB: Nun, ich bin ein grosser Fan von Dale Watson, und als wir vor einiger Zeit mal zusammensassen, meinte er, dass ich mein nächstes Album in seinem Studio aufnehmen sollte. Details haben wir noch nicht, aber ich hoffe, dass es auch einige Duette dabeihaben wird. Zeitplan noch offen.
Gibt es einen berühmten Country-Song, den Ihr gern mal covern würdet, aber bisher nicht aufgenommen habt? TA: Da gibt es so viele. Ich habe ja schon ein Tributalbum mit Songs von Willie Nelson gemacht (Red.: „Pickin’ On Willie“, 2012). Am liebsten würde ich noch ein Album mit Merle-Haggard-Songs machen.
EB: Oh, Du stellst schwierige Fragen (denkt lange nach). Es gibt so viele, die in meinem Kopf herumgeistern. Aber entscheiden kann ich mich momentan nicht.
Letzte Frage: Welche Frage würdet Ihr Euch in einem gegenseitigen Interview stellen, die ich nicht gestellt habe? TA: Nun, Ed war heute pünktlich hier, und ich kam zu spät. Ich bin stolz auf ihn. Meine Frage wäre, warum er in letzter Zeit keine neuen Songs mehr geschrieben hat. Aber es ist wohl wie bei mir: verheiratet, Familie, Kinder, Auftritte. Und somit zu wenig Zeit, laufend neues Material zu schreiben.
EB: Wie geht es Dir? Bist Du gut drauf? Das scheint eine banale Frage, aber mit all dem, was Du in den letzten Jahren durchgemacht hast (Red.: Tommy hatte Kohlenmonoxid-Vergiftung, Herzoperation etc.), ist sie berechtigt. Und, Tommy, Du hast recht. Ich sollte wirklich wieder vermehrt Songs schreiben. Aber wie Du selbst weisst: Je älter wir werden, desto langsamer fliessen die Songideen (Gelächter).
Guter Schluss. Und jetzt auf zum gemeinsamen Rest dieser Geburtstagsfeier. Die Fans warten schon auf das Schlussbouquet. Danke für das Gespräch und alles Gute.