Als Bret Cali vor rund vier Jahren den Bend General Store nahe des Colorado Bend State Park in Texas übernahm, war der Laden ziemlich heruntergewirtschaftet. In kurzer Zeit hat Bret nicht nur das Einkaufsangebot für all die Camper, die im Park verweilen, erweitert. Er hat auch eine Open-Air-Bühne samt Bar und Tanzfläche installiert, sodass sich das Ganze zu einem beliebten Treffpunkt für Musiker und Fans entwickelt hat.
Namhafte Bands und Musiker, die zuvor kaum in unserer Gegend spielten, geben sich nun im Bend General Store die Klinke in die Hand. Grund genug, Bret nach seinem Erfolgsrezept zu befragen.
Bruno Michel: Bret, dieser Ort hatte einen ziemlich schlechten Ruf, bevor Du übernommen hast. Nun ist er eines der erfolgreichsten Musiklokale in dieser Gegend. Das war eine ziemliche Herausforderung, oder nicht? Bret Cali: Die meisten hier glaubten, dass wir nicht lange überleben werden. Der Lebensmittelladen existierte hier seit circa 1850 – ziemlich alt, auch für texanische Verhältnisse. Wir haben um- und ausgebaut, wollten das Ganze aber in seinem ursprünglich rustikalen Zustand erhalten. Ich habe lange Zeit im Musikgeschäft als Promoter und Konzertveranstalter gearbeitet. Diese Erfahrung half mir, meine Idee für ein zusätzliches Konzertlokal umzusetzen. In den ersten 18 Monaten habe ich allerdings alle Bands mit privaten Zuschüssen bezahlen müssen, um sie mir leisten zu können. Wir sind hier am Ende einer Strasse, die nur Parkbesucher befahren. Selbst der nächstgelegene Ort ist nicht wirklich ein Ort, sondern eine Ansammlung von ein paar Häusern und Farmen. Ich wollte aber von Anfang an gute, bekannte Bands haben, alle mit verschiedenen Musikstilen. Von Country über Blues, Latin und Polka habe ich hier schon alles gehabt.
Dein Background ist nicht nur im Musikgeschäft, Du hast auch für Grosskonzerne gearbeitet. Heute bist Du selbstständig und lässt Dich nicht kontrollieren. Auch während Covid bist Du gegen den Strom geschwommen und hattest die ganze Zeit geöffnet. Das half wohl, zu überleben in einer Zeit, wo viele ihre Lokale schliessen mussten. Ich habe viel über die Situation nachgedacht und versucht, mir echte Informationen zu beschaffen. Klar wollte ich niemanden einem Risiko aussetzen. Wir hatten bis zu 300 Personen hier, und die Musiker freuten sich, noch eine Auftrittsmöglichkeit zu finden. Irgendwann werden mich die Historiker fragen, was ich während der Pandemie gemacht habe, und ich kann sagen, dass wir jede Woche Partytime hatten (lacht).
Wenn Du die erste Band, die hier gespielt hat, vergleichst mit den kürzlich stattgefundenen Auftritten von Gary P. Nunn, Ray Wylie Hubbard oder Billy Mata: Was brachte Dich dazu, relativ früh grosse Namen zu engagieren? Vor diesem Laden hier in Bend hatte ich einen General Store in Llano, Texas, wo ich Picker Circles veranstaltete. Viele dieser lokalen Songwriter kamen dann anfangs hierher, um aufzutreten. Meine Erfahrung als Promoter und mit den notwendigen Marketingaktionen zur Bewerbung der Konzerte half mir. Ich kenne genug Tricks, wie man Leute an entfernte Orte bringt. Zudem will ich die Künstler gut bewirten. Ich habe mit vielen Konzertveranstaltern in den ganzen USA gearbeitet und war immer wieder erstaunt, wie viele ihre Bands schlecht behandeln. Ein Bier kostet mich rund 90 Cents, also warum soll ich die Musiker nicht ein paar davon trinken lassen? Wenn die Gage 1.500 bis 2.500 Dollar ausmacht, reissen mich die paar Drinks auch nicht aus den roten Zahlen, falls das Publikum nicht zahlreich genug erscheint.
Du kannst aber Leute wie Gary P. Nunn oder Augie Meyers nicht wie viele Songwriter für ein paar Hundert Dollar engagieren. Wie budgetierst Du, damit die Einnahmen sich halbwegs mit den Ausgaben die Waage halten? Nun, wenn ich einen bekannten Star habe und den gut behandle, spricht sich das herum. Der hat ja ebenfalls viele Musikerkollegen. Gary P. war sicher einer der ersten grossen Namen. Dann Dale Watson oder die Blues Legende W. C. Clark. Wenn du als Veranstalter langsam einen Namen hast, dann kriegst du auch Anrufe von Bands. Covid half mir, weil zu der Zeit auch die bekannteren Stars kaum Auftritte und folglich ihre Anforderungen etwas reduziert hatten. Meine Angestellten und ich behandeln die Musiker wie Familienmitglieder, und die lieben das. Mal musst du drauflegen, mal verdienst du etwas. Es hält sich bisher die Waage.
Du hast mal gesagt, dass Du dieses Lokal behalten willst, bis es so bekannt ist wie zum Beispiel das Broken Spoke in Austin oder Poodie’s Hilltop in Spicewood. Beides Lokale, die, wie Deines, ein eher „rustikales“ Umfeld haben. Aber Du liebst es auch, zu reisen und in der Natur zu sein. Relativ schwierig, wenn Du sieben Tage die Woche offen hast. Stimmt. Ich vermisse die Reiserei sehr. Es gibt noch viele Orte, die ich besuchen will. Trotzdem verschwinde ich immer wieder für ein paar Tage. Warum kann ich das? Weil ich ein ausgezeichnetes Team von Mitarbeitern habe. In dieser Zeit, wo viele Lokalbesitzer Mühe haben, Angestellte zu finden, habe ich mehr als genug. Ich behandle sie genau wie die Musiker. Und ich bezahle gut. Gerade habe ich ein weiteres Lokal gekauft, damit ich all die Mitarbeiter weiterhin beschäftigen kann, wenn es hier mal etwas flauer zugehen sollte. Ich will keine und keinen verlieren. Sie gehören sozusagen zu meiner Familie.
Wenn Du andern Veranstaltern, die momentan mit Existenzängsten kämpfen, einen Rat geben müsstest, welcher wäre das? Setze Deine Prioritäten richtig. Zum Beispiel als letztes Jahr alle rannten, um ihren Jahresverbrauch an Toilettenpapier einzukaufen, habe ich stattdessen einen Vorrat an Kaffee, haltbarem Creamer und Getränken angelegt. Bezahle Deine Leute gut genug, damit sie nicht – wie viele heute – zu Hause bleiben, weil ihnen die Regierung hier mehr Arbeitslosengeld zahlt, als wenn sie zur Arbeit erscheinen. Lerne, durch eigene Massnahmen zu überleben, anstatt Dich von Zahlungen der Regierung abhängig zu machen.
Du hast schon viele grosse Künstler engagiert. Gibt es noch einen Wunschkandidaten, den Du gern auf Deiner Bühne haben willst? Ja, Willie Nelson. Anfangs habe ich mal gepostet, dass ich ihn gern hierhätte, wenn er gerade nichts zu tun haben sollte. Budget 200 Dollar und freie Hamburger. Komischerweise hat er nie angerufen. Vielleicht denkt er immer noch darüber nach, denn Willie ist einer von denen, die nie vergessen haben, wo sie herkamen und wer sie dorthin gebracht hat (lacht). Ich habe einige Künstler kennengelernt, die Country-Lieder über Themen wie den kleinen Mann und Landleben singen, aber selbst agieren wie eine Primadonna.
Du machst nicht nur Konzerte, sondern führst auch noch den Camperladen und veranstaltest wöchentliche Markttage für die Farmer aus der Gegend. Ist doch alles noch mehr Arbeit. Manchmal habe ich eine spontane Idee und posaune diese in die Welt hinaus. Danach frage ich mich, wieso ich mir das antue. Aber ich will kreativ sein und laufend neue Elemente ins Geschäft einbringen. Gerade eben haben wir angekündigt, dass wir den ganzen Dezember Weihnachtsmärkte durchführen werden. Dann wird es nächstes Jahr ein Musikfestival geben über mehrere Tage. Ich kann nicht anders.
Letzte Frage: Wenn Du Bret Cali interviewen würdest, welche Frage stellst Du Dir, die ich nicht gestellt habe? Oh Mann, so eine Frage müsstest Du fast im Voraus verschicken. Ich habe keine Ahnung. Normalerweise habe ich auf alles eine Antwort, aber da muss ich erst mal nachdenken. Ich sag’s Dir nächstes Mal, wenn wir uns sehen (lacht).
Danke für das Gespräch, und wir freuen uns auf weitere coole Bands hier im Bend General Store.