Try To Stay Real – versuch, dir selbst treu zu bleiben – ist einer der Songs auf dieser CD, auf der Tobey Lucas genau das versucht. Ein Country-Album zu seinem 30. Geburtstag hätte es werden sollen – ein Album, dessen Wurzeln vom Bibelgürtel bis in die Täler und Hügel von Los Angeles reichen, wurde es. Passend für eine einsame Fahrt auf dem Interstate Highway 10 von Ost nach West.
Da ist Schreckliches drauf wie überlange, langweilige Intros oder There She Goes: ein Lied, das selbst den ihm innewohnenden Blues endgültig ins Elend gestürzt hätte. Aber auch einer der besten Songs, die ich im Jahresverlauf im erweiterten Dunstkreis des Genres gehört habe: You’ll Be Waiting There ist von derselben ansteckenden melodischen Qualität, die Steve Earles Guitar Town so unwiderstehlich macht. So klingt die Suche nach Auswegen, wenn sie besonders gut tönt. Zwei Lieder weiter gibt Lucas in Sunrise Breaking Up The Night Of Blue dem Aufwachen aus tiefster Depression mit Gottes Hilfe eine Melodie von betörend schöner Zerbrechlichkeit. Dass er kein herausragender Sänger ist, macht die Sache in diesem Fall erst perfekt. Children Of Love ist kein Lied, sondern ein gesungener Joint – rauschhaft schön, irgendwie.
Insgesamt ein vielfältiges Album, auf dem sich Eindrückliches und auch die eine oder andere öde Passage abwechseln wie die Landschaften entlang der I-10.
Dieser Artikel erschien in der Country Style-Ausgabe Nr. 46/2014.
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